Willehalm-Kodex
2° Ms. poet. et roman. 1
vermutlich Fritzlar, 1334
mittelhochdeutsch (hessische Mundart)
ca. 41 x 29 cm, 396 Blätter, Pergament
Inhalt
Ulrich von dem Türlin: Arabel (f. 1v-68v); Wolfram von Eschenbach: Willehalm (f. 70r-163r); Ulrich von Türheim: Rennewart (unvollständig, f. 163v-394v), Schlussschrift (f. 395v)
Besonderheiten
- Willehalm-Epos des Wolfram von Eschenbach (um 1170-um 1220), im Auftrag von Landgraf Hermann I. von Thüringen (gestorben 1217) verfasst (unvollendet), eine der bedeutendsten deutschen Dichtungen des Mittelalters
- erzählt vor dem Hintergrund der Kämpfe zwischen Christen und Muslimen im 8./9. Jh. die Geschichte des christlichen Markgrafen Willehalm, der als Gefangener des "Heidenkönigs" Tybalt dessen Frau Arabel kennenlernt und mit ihr flieht; Arabel wird Christin, lässt sich auf den Namen Gyburc taufen und heiratet Willehalm; Tybalt und Arabels Vater Terramer versuchen sie zurückzuholen; nach langen Auseinandersetzungen siegt schließlich Willehalm mithilfe des Knappen Rennewart, der sich als Arabels Bruder herausstellt
- Wolfram von Eschenbach bot eine differenziertere Darstellung der Religionskonflikte als andere Kreuzzugsdichtung, er beschrieb Tod und Leid auf beiden Seiten und appellierte vor allem durch die Figur der Arabel/Gyburc für die Schonung Andersgläubiger
- der Kasseler Willehalm-Kodex enthält zwei weitere Dichtungen: den Rennewart des Ulrich von Türheim (um 1195-um 1250), eine Fortsetzung des unvollendeten Willehalm-Epos, sowie die später von Ulrich von Türlin (gestorben um 1269) verfasste Vorgeschichte
- Prunkhandschrift mit Pergament, Schrift und Buchschmuck von höchster Qualität: Zierseite mit Christus, Stifterfigur (in der A-Initiale) und einer der ältesten farbigen Darstellungen des hessischen Wappens; ca. 470 Deckfarbenmalereien geplant, 29 ausgeführt (f. 2v-29v), 4 weitere wesentlich später ausgemalt (f. 30r-33r), 17 Vorzeichnungen farbig grundiert (f. 35r-49v), 7 Vorzeichnungen mit Hintergrund (50r-56r), ab f. 56v nur noch Textlücken und teils erhaltene Maleranweisungen (z. B. f. 70v unten); die unterschiedlichen Bearbeitungszustände geben Aufschluss über die Herstellung spätmittelalterlicher Buchmalerei
- entstand 1334 im Auftrag des hessischen Landgrafen Heinrich II. (um 1299-1376) "zu Ehren des heiligen Markgrafen Wilhelm" (laut Schlussschrift); der hl. Wilhelm galt als Urahn der hessischen Landgrafen (Wilhelm von Aquitanien, gestorben 812, auf dem die Willehalm-Legenden fußen, wurde mit Wilhelm von Malavalle, gestorben 1157, gleichgesetzt)
- erstes am Kasseler Landgrafenhof dokumentiertes Buch; 1945 gestohlen, 1972 zurückgegeben
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