Vorrede
Graf Edzard seinem so eben aus der Vorrede erwaͤhnten Grundsatze getreu ge—⸗
blieben ist B, und nur die alten Gesetze durch einige Zusaͤtze, besonders aus
dem Roͤmischen Rechte, verbessert und ergaͤnzet hat. Wir finden daher auch in
diesem Landrechte wieder die uralten Kuͤren, die 24 Landrechte, die Ueberkuͤren,
und die 12 Emsiger Domen, jedoch hin und wieder etwas umgekleidet, vor.
Das buͤrgerliche persoͤnliche und Sachen-Recht ist wiederum auf das Emsiger
Recht gebauet, und die Criminal-Ordnung hat wenig von ihrer alten Form ver—
loren. Es ist nun freilich dieses Landrecht aus juͤngeren Zeiten; indessen habe
ich es doch nicht uͤbergehen koͤnnen, weil es theils auf die aͤltesten und mittleren
Friesischen Gesetze gegruͤndet ist, theils noch bis auf den heutigen Tag das Ge—
setzbuch der Ostfriesen ») ist, und darnach, jedoch mit Ausschluß der darin ent—
haltenen nun laͤngst- abgeschafften, alten Proceß- und Criminal-Ordnungen, er—
kannt wird. Es ist leicht zu erachten, daß ein vor beinahe 300 Jahren verfer—
tigtes und schon damal groͤßtentheils aus einer uralten Quelle geschoͤpftes Ge⸗
setzbuch viele Maͤngel an sich haben mußte, und daher eine Verbesserung bedurfte.
Daher ist schon 1373 und nachher zu verschiedenen malen auf eine Revi—
sion des Landrechtes angetragen. Sie ist aber wegen der entstandenen und im—
mer fortwaͤhrenden Irrungen der Staͤnde mit dem Regierhause nie zu Stande
gekommen **). Ein schlimmer Umstand war es, daß von dem Landrechte kein
Abdruck veranstaltet wurde. Daher zankte man sich in den Gerichten bei der
Menge der vorhandenen, unter sich abweichenden Handschriften, uͤber die aͤchte
Lesart des Textes herum. Noch schlimmer war es, daß man von dem Platt—
deutsch⸗Ostfriesischen Text keine Uebersetzung hatte, da doch die auswaͤrtigen Ju—
risten-Facultaͤten, und die Reichsgerichte, worin Maͤnner saßen, die der Sprache
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Und zwar so strenge, daß, wenn gleich das Landrecht ein allgemeines Gesetzbuch seyn
sollte, er es doch bei den abweichenden statutarischen Rechten einzelner Aemter und Bi—
strikte bewenden ließ. So verordnete er ausdruͤcklich, daß es in einigen benannten
Aemtern und Gegenden bei dem Ehegewinnste und Verluste verbleiben in andern aber
bei dem Weibergute das Roͤmische Recht Statt finden soillte: S. 252. 409. 466. Diese
beide abweichende verschiedene Rechte finden noch itzt ihre Anwenduͤng. *
Nicht der Harlinger, weil Harlingerland erst 1581, also lange nach Emanirung des
Ostfr. L. R., durch die Vermaͤhlung des Grafen Enno III mit der Graͤfin Walpurgis
an das Osifr. Regierhaus gekommen ist, immer seine besondere Verfassung behielt, und
auch nicht unter den Ostfriesischen Accorden mitbegriffen ist.
xxx) Ostfr. Geschichte.! III, 144. 286. 333. 53893 IV, 39. 77. 118. 128. 243. 538: V.,
2513 VI, 303. 363.