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Gefuͤhl eines Menschen, der sein Alles verloren
hat! — —
Kurz vor meiner Erblindung hatte ich mich
mit einer jungen Wittwe verheirathet, der zwei
Kinder aus ihrer ersten Ehe geblieben waren.
Diese meine treue Lebensgefaͤhrtinn erhellte mir
durch Rath, Trost und Huͤlfe die Nacht meines
Daseins; sie las mir Buͤcher vor, und so er—⸗
wachte in mir ein Geist fuͤr die Poesie und De—
clamationskunst, in der mir ein Herr Professor
Seckendorf Unterricht ertheiltte Ich war im
Gesang und einigen musikalischen Kenntnissen
aus fruͤheren Zeiten geuͤbt, und so trat ich in
kleinen Zirkeln mit meiner Kunst auf.
Anfangs des Jahrs 1810 wandte ich mich
nach Cassel, wo der westphaͤlische Hof residirte.
Hier erhielt ich die Erlaubniß zu einer musika—
lisch-declamatorischen Vorstellung, welche ich zum
Beifall des Publicums gab. Ich gab eine
Zweite mit eben so guͤnstigem Erfolge. Nach
dieser letzten Vorstellung ließ mich am andern
Morgen eine Dame zu sich kommen, eine Ma—
dam Mallet, Vorleserinn bei der Koͤniginn. Die⸗—
ser mußte ich mein trauriges Geschick entdecken,
woran sie warmen Antheil nahm. Sie versprach
der Koͤniginn diese meine Erzaͤhlung vortragen