90 αο)
ihr sie nicht gerne hoͤrt, der ist euer Freund.
Gebt mir daͤher Gehoͤr, lieber Herr, nehmt euer
uͤbereiltes Urtheil Auf der Stelle zuruͤck! —
Gott im Himmel, wie weit ists mit meinem gu—
ten Herrn kommen! den geringsten eurer Unker—
thanen zu verurtheilen, ohne ihn verhoͤrt zu ha—
ben, wuͤrdet ihr fuͤr das groͤßte Verbrechen hal—
ten — jezt habt ihr sogar euere gute, fromme
Gemaͤhlin ohne alles Verhoͤr verurtheilt! o wer—
det euerm unseligen, schnellen Zorn doch einmal
Meister! Ihr habt ihn noch allemal zu bereuen
gehabt: diesmal aber — ich fuͤrchte, ich fuͤrch—
te! — hat er ein großes Ungluͤck angerichtet.
Der Graf gestand, daß er sich uͤbereilt ha—
be, zweifelte aber immer noch, wer der schuldi—
ge Theil sey, seine Gemahlin Genovefa, oder
sein Liebling Golo. Denn Golo's Brief war
ein solches schlau ersonnenes Gewebe von Luͤgenz
der Bote, den Golo zu dieser Botschaft ausge—
sucht hatte, war ein solcher ausgelernter Betruͤ—
ger, wußte alles mit solchem Anschein von Ehr—
lichkeit zu bestaͤttigen, daß der eifersuͤchtige Graf
ganz verblendet wurde. Indeß schickte er noch
in der naͤmlichen Stunde einen zweiten Boten
an Golosab, mit dem Befehle, seine Gemahlin
Genovefa blos bis zu seiner Zuruͤckkunft auf ih—
rem Zimmer zu verwahren, ihr aber durchaus
kein Leid zuzufuͤgen, ihr nicht das geringste ab—
gehen zu lassen. Er gab dem Boten sein beß—
tes Pferd, band es ihm auf die Seele ein, zu
eilen, was er nur immer koͤnne. Auch versprach
er ihm eine große Summe Goldes, wenn er
noch zur rechten Zeit auf Siegfriedsburg ein—