Full text: Sammelband mit 5 Werken aus der Everaerts'schen Buchdruckerei

diesen Abend einschneiden zu muͤssen. Die 
Heilige laͤßt sich nicht aufsalten. Mit ihrem 
hohen starken Wuchse steht sie aufgerichtet 
auf dem Acker, erhebt ihr glaͤnzendes Auge 
gen Himmel und spricht in sanftem aber 
feyerlichhem Tone: Ist meine Bedingung in 
Betreff des Vesperzeichens billig, so zeigt 
es die Sichel! Sie hebt die Sichel mit lan— 
ger Hand hoch auf in die Luft, laͤßt sie aus, 
und zieht die Hand zurüͤck. Und sieh, die 
Sichel haͤngt frey in der Luft, zum Zeichen, 
es sey Zeit, daß sie aufgehäͤngt werde. Nun 
ifi dem Bauer nicht mehr ums Hadern, er 
kratzt sich mit beyden Handen hinter den 
Ohren, schauet mit starrem Blicke die frey 
hangende Sichel an, nimmt seinen Stroh— 
hut mit niedrer Kuppe herab vom Kopf, 
kniet nieder, und zittert an allen Gliedern. 
Mit bebenden Lippen stammelt er: Mein 
Gott, wie maͤchtig bist Du! Wie heilig soll 
dein Tag gefeyert werden? Verzeih mir doch! 
ich will deiner Nothburge nie mehr etwas 
einreden. Alle, die mit auf dem Acker wa— 
ren, und ebenfalls gesagt hatten, Nothbur— 
ge duͤrfte schon auch noch mit einschneiden, 
liegen zitternd auf ihren Knien, und Stau— 
nen heftet ihren Blick auf die frey hangende 
Sichel. Endlich nimmt Nothburge die Si— 
chel wieder herab aus der Luft, und geht 
smweigend in das Rupertus-Kirchlein, und 
dankt Gott, daß Er durch dies Wunder sei⸗ 
nen Namen verherrlichte. 
An
	        
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