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am 15. Juli von Paris abgereister Postcourier*) überbrachte, hat—
ten die Zusammenberufung des Vertheidigungsrathes der Festung
zur Folge. Derselbe beschloß, in Erwägung daß der König sich
in Paris befand, daß die hinter der Loire stehende Armee sich dem—
selben unterworfen habe und daß endlich in die Festungen Com—
missäre gesendet worden seien, um das Aufhören der Feindseligkei—
ten zu bewirken: — am nächsten Morgen (17. Juli) die weiße
Fahne als Zeichen der Unterwerfung unter dem Könige aufpflan—
zen und vvon der Garnison die weiße Cocarde anlegen zu lassen.
Doch vergeblich! denn die augenblickliche Stimmung einiger ein—
flußreichen, der früheren Regierung ergebenen Männer bewirkte
nach kurzer Zeit das Verschwinden der weißen Fahnen ꝛc. und
das Aufstecken der Tricolore. Lemoine sah sich nun bewogen, einen
Tagesbefehl zu erlassen (22. Juli), worin er der Garnison das
Geschehene mittheilte, zugleich aber auch seinen festen Willen aus—
sprach, allen möglichen Widerstand dem Feinde entgegen zu setzen,
da dessen Absicht, trotz der Unterwerfung der Garnison unter die
Regierung des Königs, nur dahin gehe, die Festung und das in
ihr befindliche Eigenthum in seine Gewalt zu bekommen. Aus
diesem Tagesbefehle geht übrigens auch hervor, daß schon damals
sich hier und da unter den Soldaten Neigung zur Desertion zeigte
— ein trauriges Anzeichen, welches der General durch die Mit—
theilung zu beseitigen hoffte, daß die Deserteure nach Luxemburg
geführt und hier zum Dienste gegen ihr Vaterland gezwungen
verden würden.
Die drohenden Verhältnisse, welche aus der ganzen Situation
hervorgingen, nöthigten Lemoine am 28. Juli, 30 Frauen nebst
ihren Kindern aus der Festung zu entfernen.
Mittlerweile war der nach Paris gesendete Commissär in
Méziores wieder angelangt, brachte aber keine Entscheidung. Gleich
nach der Ankunft daselbst erhielt derselbe von dem General Hake
die Erlaubniß zu einer Unterredung mit dem Commandanten der
Citadelle von Sedan, um diesen zur Uebergabe zu vermögen. Der
) Dieser Postcourier scheint derselbe zu sein, welcher aus Fahrlässigkeit
eines Lieutenants v. Dörnberg, der auf Piquet stand, Eingang in die Festung
zefunden hatte.