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ren es heim ins koͤnigliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein
Staͤllchen unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und
sagtenRauhthierchen, da kannst du wohnen und schlafen.“ Dann
wurde es in die Kuͤche geschickt, da trug es Holz und Wasser,
schuͤrte das Flher, rupfte das Federvieh, belas das Gemuͤs,
kehrte die Asche, und that alle schlechte Arbeit.
Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du
schoͤne Koͤnigstochter, wie solls mit dir noch werden! Es ge⸗
schah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da
sprach sie zum Koch darf ich ein wenig hinauf gehen und zu
sehen; ich will mich außen vor die Thuͤre stellen. Antwortete
der Koch ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt
du wieder hier seyn, und die Asche zusammentragen.“ Da nahm
sie ihr Oehllaͤmpchen, gieng in ihr Staͤllchen, und zog den Pelz⸗
rock aus, und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den
Haͤnden ab, daß ihre Schoͤnheit hervorkam, nicht anders als wie
die Sonne aus den schwarzen Wolken hervor kommt. Dann
machte sie die Nuß auf, und holte ihr Kleid hervor, das wie die
Sonne glaͤnzte. Und wie das geschehen war, gieng sie hinauf
zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand
kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Koͤnigs—
tochter waͤre. Der Koͤnig aber kam ihr entgegen, und reichte
ihr die Hand, und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen
so schoͤn haben meine Augen noch keine gesehen.“ Als der Tanz
zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der Koͤnig um⸗
sah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die