Full text: Leutnants-Erinnerungen eines alten Kurhessen

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hatten. Dann gab's sehr zähes Rindfleisch, als 
Sauce ein brauner Mehlpapp mit Rosinen. 
Dazu Reisbrei mit Zucker und Zimmt bestreut 
und stark versalzen. Mit Todesverachtung ver⸗ 
tilgten wir alles und versicherten unserer freund⸗ 
lichen Wirthin der Wahrheit gemäß, daß wir ein 
solches Mittagessen noch niemals genossen hätten 
und den Aufenthalt bei ihnen niemals vergessen 
würden. Unseren Dank nahm der Grebe mit 
herablassender Würde, seine Gemahlin strahlend 
vor Stolz und Glück auf. 
Am 9. September rückten wir in Kassel ein 
und bezogen sofort das Lager, welches auf den 
Stoppelfeldern dicht bei Wehlheiden errichtet war. 
Die Einrichtung unserer Zelte war eine höchst 
primitive und unterschied sich wenig von den 
Mannschaftszelten. Wir hatten doppeltes Leinen⸗ 
dach und theilten zu zwei, die Leute zu acht ein 
Zelt. Mein Zeltgenosse war Leutnant Sturm, 
ein liebenswürdiger, gutmüthiger, geistig wenig 
begabter Kerl, von einer schier ans Unfaßliche 
grenzenden Leichtgläubigkeit. Welchen Unsinn 
hatten wir schon mit ihm angestellt, wie viel 
Reinfälle hatte er schon erlebt, nichts nahm er 
übel, aber auch nichts kurirte ihn. In einem 
Punkt aber genoß „Stürmchen“ — das war 
sein Spitzname — die allgemeinste Achtung, er 
war unbestritten die feinste Weinzunge im Regi⸗ 
ment, und seine Bowlen waren über jedes Lob 
erhaben. Darauf that er sich denn auch nicht 
wenig zu gute. 
Die innere Einrichtung unseres Zeltes bestand 
in der Hauptsache aus zwei Strohschütten und 
dier wollenen Koltern. Unsere Manöverkisten 
mußten als Stuhl, resp. auf die hohe Kante ge⸗ 
stellt, als Tisch dienen. Am Eingangspfosten 
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