Full text: Leutnants-Erinnerungen eines alten Kurhessen

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„Weil ich dann auf die Nase stürzen würde.“ 
„Auf die Nase, wieso?“ wunderte sich 
Stürmchen. 
„Ei, meinen Sie nicht, daß ich mein Gleich— 
gewicht verlöre, wenn mir plötzlich die dicken 
Zöpfe abgeschnitten würden?“ 
Wir lachten vergnügt, wurden aber noch ver⸗ 
gnügter, als Sturm ganz überzeugt rief: „Das 
ist aber auch wahr!“ und dann ganz erschrocken 
zusammenfuhr, als ihn seine Tischdame anstieß 
und unfreundlich meinte: „Ach gehen s' los, 
glaubese doch nit alles!“ 
Ein Rehziemer, der jetzt in Begleitung eines 
vorzüglichen Kartoffelsalätchens erschien, beschäftigte 
für einen Augenblick alle Anwesenden so, daß 
die Unterhaltung eine Weile zu stocken schien. 
„Ach wie gut, hessischer Kartoffelsalat“, rief 
Tom begeistert, „ich habe ihn kürzlich in Cottbus 
mit Zucker bestreut erhalten.“ 
Ein Schaudern ging durch die Gesellschaft ob 
solcher Behauptung. 
„Tom, langer Tom,“ rief ich ihm wehmüthig 
zu, „was haben wir Dir gethan, daß Du uns 
den Appetit verderben willst?“ 
„Es ist gar nicht wahr, ich hab's keinen 
Moment geglaubt,“ schrie jetzt Sturm vergnügt 
und trank sein Glas aus, „und Cottbus das 
gibt es ja gar nicht.“ 
„Doch, Herr Kamerad entschuldigen,“ ließ 
sich da plötzlich einer der jungen Dachse ver— 
nehmen, „eine Tagreise südlich von Berlin liegt 
die ehemalige Residenz der heidnischen Wenden⸗ 
fürsten, berühmt durch ihre Tuchfabrikation, ein 
Städtchen von 7—8000 Einwohner, hart an der 
Spree, die Bewohner — —“ 
„Danke, danke, setzen Sie sich einen rauf!“ 
20*
	        
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