Full text: Leutnants-Erinnerungen eines alten Kurhessen

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lich unberechenbar sei, also bitte, fangen wir an.“ 
— Ich muß gestehen, ich war innerlich sehr dank— 
bar für diese Bestimmung, denn ich hatte zu Haus, 
in begreiflicher Aufregung, wenig genossen und 
war ehrlich hungrig geworden. Das Essen und 
der Wein waren, wie im „Schwan“ nicht anders 
zu erwarten, vorzüglich, und Beide ließen wir es 
uns tüchtig schmecken. Zum Schluß reichte mir 
Bingham sein Cigarrenetui. 
Doch ehe ich zugreifen konnte, sprang er auf. 
„O, ich vergaß,“ rief er aus, „Vater hat mir 
ganz vorzügliche Importirte mitgebracht, von denen 
ein paar Dutzend glücklich den Augen der Zoll⸗ 
beamten entgangen. Ein herrliches Kraut, davon 
muß ich Ihnen eine holen, lieber Freund.“ 
Er eilte nach dem Nebenzimmer, hielt aber 
mitten im Weg an, um ein auf einem Schreib⸗ 
tisch liegendes Buch zu ergreifen. „Da muß ich 
Ihnen etwas Exquisites zeigen,“ rief er, stieß 
aber gleichzeitig einen Laut aus, der fast wie ein 
kleiner Fluch klang. „Ich war ungeschickt,“ lachte 
er, mir einen dintenschwarzen Finger weisend, 
brachte aber trotzdem einen großen Prachtband auf 
ein an dem Fenster stehendes Tischchen. 
„Bitte, sehen Sie sich das Buch mal an, Herr 
Schwarzkopf, es ist die Sensation dieses Jahres 
für London.“ — Ich kam neugierig näher. Das 
mit Goldschnitt und Golddruck reich verzierte, in 
rothes Maroquinleder gebundene Buch enthielt 
die berühmten, mir noch gänzlich unbekannten 
„Umrisse“ Professor Retzsch's zu Shakespeare's 
Dramen. 
„Wundervoll!“ rief ich aus, als ich den ersten 
Blick hineingeworfen. 
„Ich wußte, daß es Ihnen gefallen würde,“ 
nickte mir Bingham zu, und mit einem „Es ist 
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