Full text: Leutnants-Erinnerungen eines alten Kurhessen

—2161 
J 
„Au,“ sagte er plötzlich, denn er hatte sich 
gestochen, aber ehe Frau v. Ruberus ihrem Be⸗— 
dauern Ausdruck geben konnte, rief er: „O welch' 
entzückende kleine Nadel, wieder eine reizende 
Hanauer Arbeit, wie ich Aehnliches noch nicht 
gesehen.“ 
Er reichte mir die einen zierlichen Maiblumen⸗ 
strauß darstellende Schmucknadel. Zwischen den 
schlanken Blättern aus grüner Emaille hingen an 
goldenen Stielen mit goldenen Kelchen eine 
Menge zierlichster Glöckchen herab. 
„Aus was bestehen die Blümchen,“ frug ich 
erstaunt, „Emaille ist es nicht, ist's Elfenbein?“ 
„Nein,“ lachte die muntere Frau, gleichzeitig 
einen Satz über eine große Wasserpfütze machend, 
„weder Emaille noch Elfenbein, diese 10 Mai—⸗ 
glöckchen sind von den ersten Zähnchen meiner 
fünf Kinder gemacht, und,“ setzte sie ernster hinzu, 
„mir der liebste Schmuckgegenstand, den ich besitze.“ 
Eine Weile ergingen wir uns noch in den feuch⸗ 
ten Gängen des Gartens, aber es wurde für die 
leicht bekleideten Damen doch empfindlich kühl, 
und da es auch immer dunkler wurde, mahnten 
die sorglichen Mütter und Tanten an den 
Aufbruch. 
Als ich in den Saal zurücktrat, um aus einer 
Ecke desselben meinen Degen zu holen, kam ich 
gerade dazu, wie Mr. Bingham dankend einen 
großen Bogen Conceptpapier aus der Hand des 
Geheimraths entgegennahm und sich dann an—⸗ 
schickte, einen länglichen, kleinen Gegenstand in 
denselben zu wickeln. Hatte er in meinem Gesicht 
die erstaunte Frage çcelesen: „Was um Alles in 
der Welt wickelt der Mann da ein?“ jedenfalls 
öffnete er sein Päcklein nochmal und wies mir 
11
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.