Full text: Leutnants-Erinnerungen eines alten Kurhessen

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an dem Schaufenster einer Buchhandlung stehen. 
Da tritt auf einmal ein Artillerieoffizier auf 
Sylvia zu und redet sie an: „Meine gnädige 
Frau, sind Sie es denn wirklich, darf ich meinen 
Augen trauen, und dies (auf Nora deutend) ist 
wohl Ihr Töchterchen?“ „Na, meine Sylvia 
wird roth und wieder blaß und nachdem sie sich 
endlich gefaßt, sagt sie: „Wie in aller Welt, 
kommen Sie hier nach Metz? Ich glaubte, Sie 
ständen in Thorn. Uebrigens sind Sie in einem 
doppelten Irrthum befangen, dies hier ist Nora 
Grimmer — ich bin bei Ralla zu Besuch — und 
ich bin noch immer Sylvia Hernig.“ — „Und 
Werben?“ — „Werben ruht seit einem halben 
Jahre in Gottes Erde.“ — „Werben todt?“ — 
Ehler rief es, aber es klang fast wie mühsam 
unterdrückter Jubel durch diesen Ruf. — Sie 
waren unterdeß weiter gegangen, Sylvia Nora 
an der Hand führend, Ehler auf ihrer anderer 
Seite. — „Sie sind mir noch die Erklärung 
schuldig, wie Sie so plötzlich hierher kommen,“ 
erinnerte Sylvia den in Gedanken versunkenen 
Mann an ihrer Seite. „Wie geht es Ihrer 
Frau Gemahlin, und nicht wahr, Sie haben auch 
Kinder?“ — „Ich bin hierher versetzt,“ ent— 
gegnete Ehler, rasch athmend, „und erst seit drei 
Tagen hier. Meine arme Adda ist schon seit 
zwei Jahren todt, ich bin ein freier Mann.“ — 
Plötzlich zog er den Arm des tödtlich erschrockenen 
jungen Mädchens an sich und legte ihn in den 
seinen: „Und jetzt, meine Sylvia, soll uns keine 
Macht der Welt mehr trennen! Uns hat Gott 
zusammengeführt, ich halte Dich und lasse Dich 
nimmer! — Komme, kleine Nora,“ wandte er 
sich an das Kind, „führe uns jetzt zu Deinen 
Eltern, Du mußt ihnen doch erzählen, daß Du
	        
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