* 126
an dem Schaufenster einer Buchhandlung stehen.
Da tritt auf einmal ein Artillerieoffizier auf
Sylvia zu und redet sie an: „Meine gnädige
Frau, sind Sie es denn wirklich, darf ich meinen
Augen trauen, und dies (auf Nora deutend) ist
wohl Ihr Töchterchen?“ „Na, meine Sylvia
wird roth und wieder blaß und nachdem sie sich
endlich gefaßt, sagt sie: „Wie in aller Welt,
kommen Sie hier nach Metz? Ich glaubte, Sie
ständen in Thorn. Uebrigens sind Sie in einem
doppelten Irrthum befangen, dies hier ist Nora
Grimmer — ich bin bei Ralla zu Besuch — und
ich bin noch immer Sylvia Hernig.“ — „Und
Werben?“ — „Werben ruht seit einem halben
Jahre in Gottes Erde.“ — „Werben todt?“ —
Ehler rief es, aber es klang fast wie mühsam
unterdrückter Jubel durch diesen Ruf. — Sie
waren unterdeß weiter gegangen, Sylvia Nora
an der Hand führend, Ehler auf ihrer anderer
Seite. — „Sie sind mir noch die Erklärung
schuldig, wie Sie so plötzlich hierher kommen,“
erinnerte Sylvia den in Gedanken versunkenen
Mann an ihrer Seite. „Wie geht es Ihrer
Frau Gemahlin, und nicht wahr, Sie haben auch
Kinder?“ — „Ich bin hierher versetzt,“ ent—
gegnete Ehler, rasch athmend, „und erst seit drei
Tagen hier. Meine arme Adda ist schon seit
zwei Jahren todt, ich bin ein freier Mann.“ —
Plötzlich zog er den Arm des tödtlich erschrockenen
jungen Mädchens an sich und legte ihn in den
seinen: „Und jetzt, meine Sylvia, soll uns keine
Macht der Welt mehr trennen! Uns hat Gott
zusammengeführt, ich halte Dich und lasse Dich
nimmer! — Komme, kleine Nora,“ wandte er
sich an das Kind, „führe uns jetzt zu Deinen
Eltern, Du mußt ihnen doch erzählen, daß Du