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hörender, ihnen Allen gänzlich unbekannter Herr
ftill vergnügt hinter seinem Glas Aeppelwei'n*)
saß. „Ein Fremder, offenbar ein Herr von Distink—⸗
tion, wer war er, was wollte er in dem welt⸗
abgelegenen Burggarten von Steinheim?“ — Eifrige
Debatten entstanden und wurden noch fortgesetzt,
nachdem der Fremde, ahnungslos über den Ge—
spraͤchsstoff, den er erregt, aufgestanden und den
Wanderstab weitergesetzt hatte. Immer eifriger
wurde die Unterhaltung der jungen Herren, man
witterte in dem Unbekannten einen incognito rei⸗
senden Fürsten oder dergl. Kühne Kombinationen
erfand der jugendliche Uebermuth und endlich
tuschelte und lachte die ganze Gesellschaft geheimniß—
voll miteinander, und ein scharfer Beobachter hätte
leicht entdeckt, daß dort ein Komplott, wenn auch
harmlosester Natur, geschmiedet wurde. Dieser
scharfe Beobachter fehlte aber, und so gelang es
dem übermüthigen Chor, unbemerkt einen beschrie—
benen Zettel auf dem von dem Fremden verlassenen
Platze zu deponiren. Gespannt wartete man auf
den Erfolg, den der Scherz haben würde, und
dieser blieb nicht aus. Wie vorhergesehen, trat
nach einiger Zeit der Wirth zu den jungen, ihm
längst bekannten Hanauer Herren mit der Frage
heran: „Haben die Herrschaften wohl den Herrn
bemerkt, welcher vorhin an jenem Tische saß, wer
mag das gewesen sein?“ „Und ob wir ihn gesehen
haben,“ klang's zurück, „gewiß, der war nicht von
hier und auch nicht von Frankfurt, der kam weit
her.“ „Ja,“ meinte ein Zweiter, „er sah aus
wie ein Engländer“ — „und bei Gott, Du hast
Recht,“ ein Dritter, „das war ein richtiger unge—
) Bekanntlich sprechen die Hanauer Silben wie
Main, Wein, nein ꝛc. mit dem Nasallaut.