Full text: Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 - 1807

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Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 1807. 
das Auge sehr anziehend. Französische Gefangene haben es er— 
baut, und nach dem Pariser eingerichtet; nur ist es schade, 
daß eine so sehr elende Truppe, als die Döbbelinsche, es 
entweihet; denn nie sahe ich eine schlechtere: aus der ernst— 
haftesten Rolle wird ein Hanswurst gemacht; dies aber ist 
dem Magdeburger Publicum das liebste, und ich glaube daß 
Döbbelin es daher mit Willen thut; denn wenn zufällig eine 
Rolle gut gemacht wird, so aplaudirt niemand; sobald aber 
ein Hanswurst-Sprung gemacht wird, will alles vor Freude aus 
der Haut springen; dadurch aber wird der Geschmack des 
publicums noch mehr verdorben, und es wird nie lernen 
ein Stück beurtheilen. 
Den Uten JAugust). — Neulich gab es in der Comédio 
einen kleinen Lärm; ein Officier der die Campagne in Pohlen 
mitgemacht hatte, kam hierher; er traf hier den General Ma— 
dalinsky und erzählte seinen Camoraden, er sey vom General 
gefangen genommen, lder ihn] wegen seiner tapferen Gegen— 
wehr, die ihm seine Narben bezeugten, aber sehr niederträchtig 
behandelt und sogar ihm 50 Stockprügel geben lassen; sogleich 
zogen alle Officiere ihre Degen und stürmten auf die Loge 
zu worin der Genéral war, der aber nicht gut fand sie 
abzuwarten, in der Wut worin sie waren glaube ich nicht, daß 
der General so glücklich durchgekommen wäre: unser Cheff 
verbot den folgenden Tag aufs strengste alle Gewalttätig— 
keiten gegen Madalinsky, der aber wenigstens ihren Anzüg— 
lichkeiten nicht entgehen kann; indessen ist die Sache am 
— 
so verdient allerdings Madalinsky die größte Verachtung u. 
eine passende Züchtigung: unbemerkt kann ich nicht lassen, 
wenn Madalinsky eine Dame grüßt, faßt er sie ans Kinn, 
dies ist Polnische Sitte. — 
*) Die oberste Militär-Verwaltungsbehörde, deren eines Depar— 
tement das Kriegsministerium bildete.
	        
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