Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 1807. 71
zufrieden u. lustig ist. So brachten wir nun den übrigen
Theil des Marsches zu. Als wir den Magdeburgischen Boden
betraten, noch mehr aber, als wir Magdeburg selbst sahen,
hätten Sie sollen das Freudengeschrey der Burschen hören;
in einem Dorfe eine Stunde von Magdeburg, wo die Leute
die Halsbinden umbanden u. die Oberhosen“) abmachten, war
schon alles voll Leute, die uns denn mit immer ssich] ver—
mehrender Menge biß nach Magdeburg brachten; viel fröhliche
Gesichter sahe mann, aber auch manches rothgeweinte Auge
war hinter einem Tuche verborgen. Der Géneral“*) gab
ein sehr großes Diner, wozu alle Officiere und Junckers ge—
laden waren; es waren einige Gedichte auf unsern Einmarsch
gemacht, die denn abgesungen wurden. —
Ich konnte mir im Anfang gar nicht zur Gewißheit
machen, daß Magdeburg nun immer mein Wohnort sey:
sondern sahe es nur als einen Ort an, wo wir Ruhetag
hatten: allein dies hat sich gegeben. —
Den 24: J: — Es sind hier in Magdeburg sehr ansehnliche
Gefangene; der eine ist der Polnische General Madalinsky,“**)
der andere der französische la Mette; ersterer ein Mann von
sehr ehrwürdigem Aussehen, kann frey herumgehen, auch ver—
reisen, wohin er will, und bekömmt eine poension von 8000 )
Er scheint viel auszugeben; er hat mehrere Bediente, Jeger
u. Knechte, einen Doctor u. einen Secrétair; diese sind mit
) Treotz der Erfahrungen eines mehrjährigen Krieges war auch
damals die preußische Uniform so unpraktisch, daß auf Märschen sofort
Erleichterungen vorgenommen werden mußten. Die Oberhosen dienten zum
Schutz der weißen Beinbekleidung.
*) General von Kalckstein, der nicht nur Chef des Regiments,
ondern auch Gouverneur von Magdeburg war.
***) General Madalinsky war ein Freund Kosciuskos und bekannter
Rebellenführer.
) Daß Madalinsky eine preußische Pension erhielt, spricht für die
überhumane Richtung, die damals in PVreußen herrschte, denn er galt
doch als Rebell.