Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 - 1807. 271
dort aus die schönste Aussicht in diese wahrhaft paradiesischen
Gegenden; sie übertrifft beynahe die herrliche Aussicht von
Blanckencéo*) bey Hamburg mit der sie viel Aehnlichkeit
hat. In diesem Moment, wo die Entfernung dem Auge die
Brandstätten, die Verheerungen des Krieges und die abge—
härmten Gestalten der Bewohner dieser sonst so reichen u.
glücklichen Gegenden entzieht, kann mann nicht unterlassen,
den herrlichen Eindruck durch ein frohen Ausruf „ach wie
schön!“ zu äußern. Dantäis selbst, das einen imposanten
Anblick gewährt, die Weichsel mit ihren mannichfachen Krüm⸗
mungen u. unglaublich volckreichen u. bebauten Ufern, die
schönen Wiesen, Inseln, die Mottau**) voller Schiffe, Fahr—
wasser, **x) Weichselmünde, u. die Ostsee auf der sich gestern
ein Russisches Kriegsschiff dem Strande näherte — wird
mir unvergeßlich seyn. Die Stadt hat, wenn mann es so
nennen kann viel gelitten; außer dem Brande u. den
Schrecknissen der Belagerung belaufen sich die Ausgaben
schon auf 4 Millionen Thaler.) Der General Rapp
(Gouverneur), Oudinot, Mesnard u. wenigstens 10 Generals
sind hier; die Garnison besteht aus dem Oudinotschen
Grenadier- u. Voltigeurs-Corps u. ist gegen 12000 M.
stark. Es herrscht eine sehr strenge Polizey und rasche Be—
strafung. Daß unter so vielen Menschen mannigmahl kleine
Vergehungen vorfallen, ist natürlich. Gestern noch wurde
ein Soldat erschossen. Er überfällt den Abend auf der Straße
die Tochter eines hiesigen Kaufmanns, die bey ihren Ver—⸗
wandten gewesen war u. sich zu Hause bringen ließ. Auf ihr
rufen um Hülfe springt ein Ofticier herzu — der Soldat
Dies scheint ein Schreibfehler; es muß jedenfalls Blankenese
heißen.
**) Ein Nebenfluß, der durch Danzig von Süden in die Weichsel
mündet.
x) Neufahrwasser an der westlichen Mündung der Weichsel gelegen.
Danzig hatte eine ungeheure Kriegssteuer zu entrichten.