248 Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 -1807.
herrlichen Anblick, besonders für den Neuling, die Rhede und
der Hafen mit seinen vielen Schiffen gewährt, so vermisse ich
doch die Thätigkeit, das Drängen u. Treiben, das ich in
einer solchen großen Seestadt, die ihren Handel nach Ohina,
Ost- u. West⸗-Indien treibt, das Recht hatte zu erwarten.
Hamburger und Englische Kaufleute gaben mir darin recht —
sie sagten daß der Däne durchaus kein spekulativer Kopf sey,
u. ohngeachtet die ganze Welt sich ihrer neutralen Flagge
bediente, sie diese glücklichen Konjunckturen nicht benutzt hätten,
sondern nichts als ihre Fuhrleute“) geworden wären. —
Ein Kaufmann aus Altenburg in Sachsen, der unglücklich
genug war, zu erleben, daß seine Frau und Töchter nach dem
14ten Octob:**) von den Franzosen eine schreckliche Behandlung
erlitten, hat darüber den Verstand verlohren, ist aber, wie es
scheint im Besitz von Kenntnissen, ein gescheuter Narr ge—
worden. In seinen ruhigen Augenblicken spricht er vortrefflich
über Religion u. andere ernsthafte Gegenstände, wenn ihm
aber der Kopf warm wird, schimpft er auf die Verderbniß
der Sitten, die Philosophen eéte. schreibt viel u. glaubt mit
lauter Philosophen u. Buchhändlern zu thun zu haben. Gestern
Mittag machte ich seine Bekanntschaft im Hôtel royal; er las
der Tisch-Gesellschaft, die aus 70 biß 80 Personen, größten—
theils Dänen, bestand, einen Aufsatz über sie selbst vor, worinn
er ungefähr unter anderm sagte: „die Dänen wären Klötze,
sie hätten einen dummen, einen rechten dummen National-Stolz,
der sich auf gar nichts gründete, allein das sey natürlich,
sie steckten die Nase nicht ins Ausland, sondern prahlten
hinter ihren Fleischtöpfen mit einer angeblichen Recht—
schaffenheit, ohne welche sie doch alle in des Teufels Klauen
kämen, Spitzbuben wären, u. an den Galgen müßten; wer
von ihnen also nicht gehängt würde, wäre keine Canaille,
kein Dieb, weiter nichts u. s. w.“ Den Dänen wurde wohl
*) Namlich der anderen Nationen.
) Dem Tage von Auerstädt und Jena.