206 Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 1807.
bieten. Dem eintzigen jezt noch unter den Waffen stehenden
und im Kriege begriffenen Heere, dem ich viel zutraute,
und daß ich wahrhaft beklage, ist das unter Anführung des
Erbherzogs Carl u. Bellegarde; wie kränckend muß es diesem
juten Fürsten, der durchaus wieder den Krieg war, u. zuletzt
noch von dem Haupt-Schauplatz des Krieges auf dem er wie
zu Hause“*) war, weggedrängt wurde, wie kränckend wie ohne
Gräntzen schmerzlich mußte es ihm seyn, die gantze Oestreichi-
scho Monarchie vernichtet zu wissen, u. immer siegend doch
zu ihrer Rettung nichts thun zu können. Wie groß würde
er sich gezeigt haben, hätten die Russen bey Austerlite gesiegt.
Ich hoffe noch mehrere Détails über diese Schlacht zu er—
halten, die zwar dem Muth der Russen aber nichts weniger
als ihrer Tacktick u. Beweglichkeit Ehre macht. Wir zerbrechen
uns oft die Köpfe, was die Welt von uns dencken wird
wenn wir ruhig u. ohne in der Schlacht gewesen zu seyn
nach Hause kommen; wir sind zwar unbesiegt u. das will
jetzt viel sagen, aber der hohe Ruhm entgeht uns, daß der
Französische Uebermuth wo nicht gantz aber doch einiger—
maßen vor unsern Bayonetten sich gebeugt hätte. Der Glaube
daß Napoleons Armée die erste in der Wellt sey, muß
für jeden Preußen kränckend seyn. Indessen aber kommen
wir immer dahin zurück daß das Motto unseres Soldaten
— „der Krieg ist gut“ — nur dann gelten kann, wenn der
Soldat einmahl im Zuge gegen den Feind begriffen ist —
sonst ist der Friede immer besser und segenbringender.**)
*) Nach damaliger Auffassung war die genaue Kenntnis eines
Landes, seiner Positionen u. s. w. für die Kriegführung das erste Er—
jordernis; der Mangel an guten Karten mag dabey mitgesprochen haben.
Der Erbherzog war, trotzdem er in Süddeutschland genau bekannt war,
aach Italien geschickt worden, wo er indes große Vortheile errang.
*.) Diese Rußerung ist ein Zeichen der allgemein eingerissenen,
schwächlichen Friedensliebe, die schließlich auch vor Demüthigungen nicht
zurückscheute.