Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 - 1807. 201
vorgestern aufgebrochen und nimmt wie ich höre ihren Weg
nach Hof und der Böhmischen Gräntze. Ist der Sieg der
Russen vollkommen*) und verstehen sie was ich bezweifle einen
Sieg zu benutzen, so wäre dies für uns ein günstiger Zeit—
punckt zuzuschlagen. Dem Kayser bliebe kein anderer Rückzug
als nach Italion, u. der möchte ihm wohl sehr erschwert werden.**)
Wäre die jetzige Formation unserer Armée 2 Monat früher
geschehen, so bin ich überzeugt, daß die Sachen gantz anders
stünden. — Magdoburg ist verpallisadirt, u. die schadhaften
Wercke sind ausgebessert, auch sind bereits die Kanonen auf
die Wälle gebracht u. es ist in complettem Belagerungsstande.
In Goöettingen habe ich eine Stunde bey dem Herrn
Professor Bunse zugebracht, der mir mehrere Nachrichten mit—
theilte, die mir in Hinsicht meines Vaterlandes sehr wehe
thun. — Es sind also 4000 Preußen eingerückt. — Der
Himmel gebe, u. die Umstände lassen es auch nicht zu, daß diese
Gäste nicht lange bey Ihnen bleiben. Haben Sie doch die
Bnade mir zu sagen, was es für Battaillons sind.
Ich begleitete den H: Professor Bunse nach der Frau
Hofräthin Schlözer, wo ich das Vergnügen hatte den H.
Hofrath Giesecke einige Augenblicke zu sprechen; beyde Herren
haben sich vorgenommen Weynachten eine Reise nach Arolsen
zu machen. — O! könnte ich sie doch begleiten! —
Vom Louis habe ich vor einigen Tagen einen inter-
ossanten Brief erhalten: er sagt mir, daß er Sie in Wildungen
gesehen hat. Dem H. Regierungsrath Hagemann empfehle
ich mich bestens; es thut mir leid hinzufügen zu müssen, wo—
von er vielleicht schon unterrichtet ist, daß der Bürgermeister
Kayser***, einen Banquerot von 80000 Th. gemacht hat. So
*) Es scheint das siegreiche Gefecht der Russen bei Dürrenstein ge—
meint, welches aber ohne Bedeutung blieb.
*5) In Italien stand Erzherzog Carl mit einer starken Armee.
**8) Dalwigk hatte den jungen Hagemann als Kaufmanns-Lehrling
anscheinend bei Bürgermeister Kayser untergebracht.