194 Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 - 1807.
Geneôrals v. Renouard in Halle äußerst unzufrieden,“) und
hat sich in einem an das hiesige Gouvernement erlassenen
Schreiben ungemein hart darüber geäußert: einige 40 Personen
sind in Halle arretirt, u. es ist sogleich unter dem Vorsitz
des Obristen v. Zweiffel ein Revolutions-Tribunal errichtet,
wie bey tumultuarischen Auftritten bey uns der Fall ist,
welches die Sache untersucht, sogleich über die Schuldigen
die Strafe verhängt, u. dem Könige zur Genehmigug zu—
schickt; keine Appelation findet hier keine Statt; u. wie ich
höre werden 2 Bürger am Leben gestraft, 6 auf Vestung
kommen u. Spießruthen laufen; nach dem Verbrechen folgt
sogleich die Strafe, und thut außerordentliche Würckung. Die
eigentliche Uhrsache aller dieser Unordnungen ist aber ohn—
streitig der Minister v. Angern,“*) u. ich wollte ihm nicht
rathen, bey der jetzigen Stimmung des Volckes sich hier sehen
zu lassen; hätten wir den Presidenten Er. Schwerin hier
behalten, so würde die Sache gewiß nicht soweit gekommen
seyn denn er war gantz gegen die starcke Getreide-Ausfuhr.
Sie werden in den Franckfurter Zeitungen gelesen haben, daß
er sich in Aurich erschossen hat, allein Dienst-Verhältnisse
sind keinesweges die Uhrsache seines Todes, sondern vielmehr
eine Schwermuth, die sich seiner so bemeistert hatte, daß er
ohngeachtet er sich die ersinnlichste Mühe gab, sich nicht von
ihr befreyen konnte; er sagt dies selbst in seinem Testament
welches an die hiesige Kammer geschickt u. das in den
rührendsten Ausdrücken abgefaßt ist. Eine unbesiegbare
Leidenschaft für eine der reitzendsten und liebenswürdigsten
Frauen die ich kenne, einer Gräfin v. Bohlen, Schwester
eines Lioutenant v. Rheden von unserem Regiment, legte
wohl den ersten Saamen zu jener Schwermuth, u. die gantz
*) Man neigte damals allgemein dazu, gegenüber dem Civil dem
Militär Unrecht zu geben, und das lähmte natürlich die Energie des Ein—
schreitens.
x**) Der Departements-Minister.