Full text: Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 - 1807

168 Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 1807. 
wo sind Sie gestern Abend geblieben? Sie waren wie ver— 
schwunden. — 
Ich war neulich von Piquet zurückgekommen, meldete 
mich bey dem Obrist, fand die Prinzes nebst einer großen 
Gesellschaft, und mußte gleich da bleiben. Ich war sehr er⸗ 
müdet, begab mich nach Tisch in ein entlegenes Cabinett, in 
welchem sowohl, wie in den daranstoßenden Zimmern, aus 
Versehen vermuthlich, die Lichter nicht wieder angesteckt 
worden waren; und die Bequemlichkeit eines großen Sessels, 
welcher in einer Ecke neben einem Sopha stand, übergab mich 
bald dem Scheintodt. Diejenigen, welche mich gegen ihren 
Willen weckten, glaube ich, hätten gern gehabt, daß es der 
würcklicher) gewesen wäre. Ich konnte wohl ein Paar Stunden 
geschlafen haben (und was während dieser Zeit in meiner 
Nachbarschaft vorgegangen ist weis ich natürlich nicht) als 
ich plötzlich im meinem wohlthätigen Schlummer gestört 
wurde, allein die Worte sehr bekannter Stimmen, welche ich 
dicht neben mir vernahm, machten meine Dazwischenkunft 
gantz unnöthig; kein Streit war wenigstens nicht zu schlichten; 
ich verhielt mich daher so lange ruhig, biß ich mit Anständig⸗ 
keit lautere Zeichen eines schlafenden von mir geben konnte; 
mann erschrack heftig, verrieth seine Person noch mehr und 
tröstete sich im forteilen mit den Worten: „er schläft gewiß.“ 
Ich aber schlich mich, da ich Licht kommen sahe, das wahr⸗ 
scheinlich den Frevler entdecken sollte, durch eine Seitenthüre 
auf den Vorsaal, und trat durch den Haupt-Eingang in den 
hellbeleuchteten Saal, wo mann mich nicht vermißte, und wo 
der Prinzes, entsetzlich über Hitze klagend, von einem jungen 
Officier unseres Rogiments, dem nächsten Verwandten der 
Frau Obristen,“*) ein Glas Limonade gereicht wurde. — Sie 
werden das Paar errathen, und von der wenigen Vorsicht, 
*) Nämlich der wirkliche Tod. 
*5) Frau von Wedell war eine geborene von Rauchhaupt.
	        
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