Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 1807. 153
mit unter der Anzahl dieser Officiere begriffen seyn. Sollte
sich meine Anstellung im Badenschen noch verzögern, so würde
ich mir Ihre Erlaubniß erbitten, um den nächsten Winter
jenem vortrefflichen Unterricht mit beivohnen zu können. —
Ich bin vor einigen Tagen von Poethen einem sehr
schönen Gute des Kammerherrn von Griesheim“) zurückge—
kommen, wo ich mehrere Tage sehr angenehm zugebracht
habe. Die letzteren Tage war eine sehr zahlreiche Gesellschaft
dort versammlet, die sich lauf] weit über 100 Personen belief,
die alle dort übernachteten. Die Veranlassung dazu war der
Geburtstag unseres Generals, der sein 67tes Jahr erreichte.
Der Kammerherr, ein Mann von vielem Geschmack, und was
diesen unterstützt von sehr ansehnlichem Vermögen, hatte ein
sehr schönes Theater erbauen lassen, auf welchem wir die Ent⸗
führung von Jünger“**) und das Incognito von Kotzebue auf⸗
führten. Der Kammerherr hatte mir schon vor meiner Zurück⸗
kunft die Rolle des Baron von Rosenthal im ersteren Stück be—
stimmt, u. da ich steets sehr viel Freundschaft in seiner Familie
genossen habe, und überdem die Uhrsache es nicht wohl zulies,
wenn ich die Rolle zurückgegeben hätte, so nahm ich sie an und
habe sie nach meinen möglichen Kräften ausgeführt; ich weis
es zwar nicht: wenn ich aber den Aeußerungen u. Ausbrüchen
der zuhörenden Gesellschaft und ihren nachherigen Ver—
sicherungen trauen darf, so habe ich den Charakter der Rolle
nicht mißgriffen, was die andern betrifft, worüber es mir zu
urtheilen erlaubt ist, so muß ich gestehen, daß sie gantz vor—
trefflich gespielt haben, und da es Leute sind, die in der
feinen Welt erzogen sind, so haben sie mehr geleistet, als
irgend ein Theater nur leisten kann. Im 2ten Stück habe ich
*) Karl Wilhelm von Griesheim, Besitzer des Gutes Poethen, ver—⸗
mählt mit Henriette Louise Winkler von Völitz, Kammerherr der Königin
Louise, Bruder des oben erwähnten Generals.
**) Lustspieldichter, geb. 1759, gest. 97 in Wien, wo er von 89—94
Hoftheaterdichter war.