140 Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 - 1807.
Befehl kam, den gantzen Feldartillerie-Parck bin—
nen 14 Tagen in Stand zu setzen, 12000 neue Kar—
tätschen zu machen und die alten schleunigst umzuarbeiten;
ebenso werden in die gefüllten Granaten neue Zünder gesezt
und die noch ungefüllten gefüllt; seit gestern herrscht daher
eine außerordentliche Thätigkeit in dem Laboratorio; nach
Wesel ist derselbe Befehl gegangen, und wie mann sagt in alle
Preußischen und Schlesischen Festungen. — Die Schlesischen
und Preußischen Regimenter, welche ihre Royue sonst im August
hatten haben ihre Rekruten schon erhalten; die Officiore, welche
hier auf Urlaub waren, sind zu ihren Regimentern beordert,
und alle Nachrichten stimmen darinn überein, daß sich 60000 M.
bey WMarschau*) zusammenziehen würden. — Wir bekommen
den 6éten unsere Rekruten; unsere Compagnio erhält 27.
Die Revue aber ist biß auf weitere Ordre abgesagt. Sie
können sich dencken theuerster Vater, wie angenehm es ist, sich
mit 27 Bauerbengels, von Morgen biß den Abend im Schnee
herum zu arbeiten. Sie wissen es geht in unserem Cabinett
sehr geheim zu, und ich zweifle nicht einen Augenblick, daß
es, sobald unter dem Vorwande der Exerzier-Zeit, die Regi—
menter versammlet, und die neuen Einländer Rekruten ein—
gestellt sind, plötzlch Marsch heißt. Ob nun nach Norden
oder Süden, das weis Gott.*) Mann sagt der König würde
dieses Frühjahr wieder mit dem Kayser von Rußland in
Königsberg eine Zusammenkunft haben; und daß wir übrigens
mit Rußland auf einem sehr guten Fuß ständen; demohn—
geachtet hat sich der Kerrn der Russischen Truppen an unserer
Gräntze versammlet, und sogar die Preobratzingskyschen**F*)
) Durch die übergroße Nachgiebigkeit gegenüber Frankreich ent—
standen öfter vorübergehende Spannungen mit Rußland.
*N Diese Aeußerung kennzeichnet das beständige Schwanken der
damaligen preußischen Politik vielleicht mehr, als dem Schreiber dieses
Briefes bewußt war.
*5*) Es ist das Regiment Preobratschensk gemeint.