Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 -1807. 119
Wir können von Glück sagen bester Vater daß sich der
Krieg von unsren Vaterländischen Gräntzen weggewandt, und
daß die unglücklichen Bewohner dieser Gegenden doch endlich
einmahl ihre Früchte ungeschmählert einerndten können. Die
Art den Krieg zu führen scheint in diesem Feldzuge eine
andere Gestalt zu gewinnen, da einem denckenden Kopf viel
übrig gelassen wird zu handlen; in den vorigen Feldzügen
standen die fechtenden Armeen sich immer gegenüber u. hatten
von keinem andren etwas zu fürchten, aber bey dem jetzigen
Standt der Armeen gibt es Gelegenheit Diversions zu—
machen. Ich bin neugierig ob sich Genua halten wird;“)
und Massena wird es behaupten, wenn die Engländer nicht
mehr aufpassen und immer Lebensmittel einlassen. Sollte
Genua übergehen, und Melas“**) seinen Plan in das südliche
Franckreich weiter vorzudringen (was ich schwerlich glaube)
fortsetzen, so wär dies eine Gelegenheit für unsren guten
Portaly und Croisur, ***) die ich herzlich grüße, ihr geliebtes
Vaterland wiederzusehen. Nun theuerster Vater empfehle ich
mich vielmahls Ihrer väterlichen Gnade; glanben Sie mich
steets mit den reinsten Gefühlen des Danckes und der kind—
lichsten Liebe und Ehrfurcht
sals] Ihren
treuen Sohn
A. v. Dal wigk.
Magdeburg den 20ten Octob. 1800.
Ich habe von einem Tage zum andren meinen Brief an
Sie aufgeschoben, theuerster Vater, um Ihnen mit dem Tode
x8) Genua war der letzte Halt der Franzosen in Italien und hatte,
als dieser Brief geschrieben wurde, gerade kapitulirt. (4.6. 1800.)
** Der österreichische Feldherr in Italien.
xxx) Ebenfalls ein Emigrant, der in Arolsen gastliche Aufnahme ge—
funden hatte.