Briefe des Freiherrn von Dalwigk 1794 - 1807.
Rechte. Die beiden zuerst folgenden Briefe schildern seine Er—
lebnisse auf der Reise von dem väterlichen Gute Campf in
Waldeck nach Mainz und die Eindrücke bei seiner Ankunft
daselbst.
Mainz, 14. Mai 1794.
„Theuerster Vater!
Ich bin hier erst 4 Tage, habe mich aber schon so mit
Maynz bekannt gemacht, daß ich Ihnen sagen kann, wie es
mir gefällt. Zuerst aber will ich Ihnen einige Erzählung
von meiner Reise machen. — Ich kam des Nachmittags um
2 Uhr in Marburg, dessen Lage wie auch das Oertchen selbst
mir recht gut gefällt, an, und fand hier gleich einige gute
Freunde, welche alles mögliche anwandten, um mir meinen
kurtzen Aufenthalt angenehm zu machen. — Man gebrauchte
alle möglichen Überredungs-Künste, um mich noch einige Tage
zurückzuhalten, allein ich lies mich durch nichts bewegen,
neinen einmahl gefaßten Vorsatz zu ändern, besonders da ich
von hier aus einen gebohrenen Maintzer biß nach Maintz
zum Reisegefährten hatte, welcher mir versprach, mir die
Wohnung meines Bruders, den er wie er sagte sehr gut
kannte, zu weisen. — Ich reiste also den Sonntag Nachmittags
don Marburg ab; ich kann aber nicht sagen, daß die Gegend
von Marburg biß Butzbach etwas sehr reitzendes für mich
hatte — — ich wunderte mich nicht die Früchte hier im
Hessischen nicht halb so gut zu finden, als in unserm Waldeck,
daß seine nervigte Jugend noch nicht beweint; Weiber gleich
Heiden, in Lumpen gehüllt, treiben mit schwachem Arme die
mageren Stiere an, ihr Ländchen mit dem Pfluge zu durch—
schneiden. — Die Wege sind bis Butzbach sehr gut, in dieser
Begend aber ist ein Stück Land, um welches 4 Fürsten sich
zancken, und daher hört hier die Chausse auf; am Ende der—
selben steht ein Galgen, an dem seit einigen Tagen ein Mensch