Der Pyrmonter Kurgast
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des Großen in die Königl. Kapelle berufen und war Mitarbeiter an des
großen Königs Schäferspiel „Il Re pastore“, an „Galatea“ usw. Neben
Klavier- und Gesangkompositionen veröffentlichte er auch theoretische Werke,
denen es nicht an Anerkennung, aber auch nicht an Anfeindung fehlte.
Der andere Treuenbrietzener hieß Friedrich Ludwig Seidel und war
Himmels Mitschüler. Zuerst Organist an der Marienkirche in Berlin, wurde
er 1808 Musikdirektor an der Königl. Kapelle, der er bis 1830 angehörte.
Unter seinen uͤberaus zahlreichen, heut aber vergessenen Instrumentalwerken,
Oratorien, Opern, Schauspielmusiken, Balletts, Liedern und Chören sind
nur noch die auf Goethesche Texte geschriebenen („Jery und Baäͤtely“,
„Lila“, „Claudine an Villabella“) von historischem Interesse.
Himmel, der am 10. Nov. 1765 geboren wurde, sollte Theologe werden,
studierte in Halle, ging aber, von Friedrich Wilhelm II. unterstützt zur
Musik über, bildete sich bei Naumann in Dresden und in Italien und trat
auch zuerst mit italienischen Werken an die Offentlichkeit. Ein Oratorium
Isacco“ (1792) und die ersten Opern „II primo navigatore“ (1794),
„Semiramide“ (1795), „Alessandro* (1798) und „Vasco di Gama“ (1801)
sind noch in italienischer Sprache geschrieben. 1785 wurde er als Nach⸗
folger Joh. Friedr. Reichardts Königl. Kapellmeister.
Unter andern zahlreichen Kantaten und Festmusiken für die Hof—
feierlichkeiten schrieb er auch eine „Musique champéêtre executée à
Pyrmont à l'occasion d'une féête donné à S. Maj. le Roi de
Prusse, le 14mwe Juill. 1797“, die uns die Zeit des gemeinsamen Auf—
enthalts genau angibt.
Im November desselben Jahres noch starb der König, aber auch mit
seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm III. var Himmel 1806 wiederum am
„heiligen Born“, und hier war es, „wo sich der Schleier lüftete, der über
seinen Verhältnissen zu Berlin, namentlich über denen zu Reichardt ruhte“,
wie es in Schillings Lexikon heißt, ohne daß erwähnt wird, was der
Schleier eigentlich verbarg.
Als Himmel damals nach Pyrmont kam, war er einer der volkstüm—
lichsten Komponisten Deutschlands, denn sein Singspiel „Fanchon, das
Leyermädchen“, das am 16. Mai 1804 in Berlin seine Uraufführung erlebt
hatte, verbreitete sich schnell über alle Bühnen, und die Lieder daraus waren
in aller Munde. Sie gingen auch in die Werke anderer über, und es
gab wohl kein Vaudeville in der Folgezeit. in dem nicht ein Gesang aus
„Fanchon“ erklang.
Auch Lortzing hat in seinen Einakter „Der Pole und sein Kind“ das
Lied des Abbé Lattaignant aufgenommen als Auftrittslied für Magister
Hilarius, und in den „Weihnachtsabend“, das vielgesungene „Die Welt ist
nichts, als ein Orchester“, das Lortzing dem Invaliden Sommer in den