Full text: Nathan der Weise. (1854)

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Recha. 
Daja! 
Was sprichst du da nun wieder, liebe Daja! 
Du hast doch wahrlich deine sonderbaren 
Begriffe! „Sein, sein Gott! für den er kampft!“ 
Wem eignet Gott? was ist das für ein Gott, 
Der einem Menschen eignet? der für sich 
Muß kämpfen lassen? — Und wie weiß 
Man denn, für welchen Erdkloß man geboren, 
Wenn man's für den nicht ist, auf welchem man 
Geboren? — Wenn mein Vater dich so hörte! — 
Was that er dir, mir immer nur mein Glück 
So weit von ihm als moͤglich vorzuspiegeln? 
Was that er dir, den Samen der Vernunft, 
Den er so rein in meine Seele streute, 
Mit deines Landes Unkraut oder Blumen 
So gern zu mischen? — Liebe, liebe Daja, 
Er will nun deine bunten Blumen nicht 
Auf meinem Boden! — Und ich muß dir sagen, 
Ich selber fühle meinen Boden, wenn 
Sie noch so schoͤn ihn kleiden, so entkräfte, 
So ausgezehrt durch deine Blumen; fühle 
In ihrem Dufte, sauersüßem Dufte, 
Mich so betäubt, so schwindelnd! — Dein Gehirn 
Ist dessen mehr gewohnt. Ich tadle drum 
Die stärkern Nerven nicht, die ihn vertragen. 
Nur schlägt er mir nicht zu; und schon dein Engel, 
Wie wenig fehlte, daß er mich zur Narrin 
Gemacht? — Noch scham' ich mich vor meinem Vater 
Der Posse! 
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