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Philotas. 7. Auftritt.
cheiltest, als er — Doch Du sollst mich nicht zwingen; ich will
nicht davon sprechen! Unsere Schuld und Unschuld sind unend—
licher Mißdeutungen, unendlicher Beschönigungen fähig. Nur
dem untruͤglichen Auge der Götter erscheinen wir, wie wir sind;
nur das kann uns richten. Die Göͤtter aber, Du weißt es,
König, sprechen ihr Urtheil durch das Schwert des Tapfersten.
Lass' uns den blutigen Spruch aushören! Warum wollen wir
uns kleinmüthig von diesem höchsten Gericht wieder zu den
niedrigern wenden? Sind unsere R schon so müde, daß die
geschmeidige Zunge sie ablösen müsse?
Aridäus. Prinz, ich höre Dich mit Erstaunen —
Philolas. Ach! — Auch ein Weib kann man mit Erstaunen
hören!
Aridäus. Mit Erstaunen, Prinz, und nicht ohne Jammer!
—. Dich hat das Schicksal zur Krone bestimmt, Dich! — Dir
will es die Glückseligkeit eines ganzen, mächtigen, edeln Volkes
anvertrauen, Dir! — Welch eine schreckliche Zukunft enthüllt
sich mir! Du wirst Dein Volk mit Lorbeern und mit Elend
überhäufen. Du wirst mehr Siege als glückliche Unterthanen
zählen. — Wohl mir, daß meine Tage in die Deinigen nicht
reichen werden! Aber wehe meinem Sohne, meinem redlichen
Sohne! Du wirst es ihm schwerlich vergönnen, den Harnisch
abzulegen —
Philotas. Beruhige den Vater, o König! Ich werde Deinem
Sohne weit mehr vergönnen! weit mehr!
Aridäus. Weit mehr? Erkläre Dich —
Philotas. Habe ich ein Räthsel gesprochen? — O, verlange
nicht, König, daß ein Jüngling wie ich Alles mit ege
und Absicht eden soll. — Ich wollte nur sagen: Die Frucht
ist oft ganz anders, als die Bluͤthe sie verspricht. Ein weibischer
Prinz, hat mich die Geschichte gehrt, ward oft ein kriegerischer
König. Könnte mit mir sich nicht das Gegentheil zutragen?
— Oder vielleicht war auch dieses meine Meinung, daß ich
noch einen weiten und gefährlichen Weg zum Throne habe.
Wer weiß, ob die Götter mich ihn vollenden lassen? — Und
lass' mich ihn nicht vollenden, Vater der Götter und Menschen,
wenn Du in der Zukunft mich als einen Verschwender des Kost⸗
barsten, was Du mir anvertrauet, des Blutes meiner Unter⸗
thanen, siehst! —
Aridaus. Ja, Prinz, was ist ein König, wenn er kein
Vater ist! Was ist ein Held ohne Menschenliebe! Nun erkenne