Full text: Nathan der Weise. (1854)

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Verlangt? gehofft? ihm je für seine Freiheit 
Mehr als den ledern Gurt geboten, der 
Sein Eisen schleppt, und hoͤchstens seinen Dolch? 
Recha. 
Das schließt für mich, mein Vater. — Darum eben 
War das kein Tempelherr, er schien es nur. — 
sommt kein gefangner Tempelherr je anders 
Als zum gewissen Tode nach Jerusalem; 
Geht keiner in Jerusalem so frei 
Umher: wie haͤtte mich des Nachts freiwillig 
Denn einer retten koͤnnen? 
Nathan. 
Sieh, wie sinnreich! 
getzt, Daija, nimm das Wort. Ich hab' es ja 
Von dir, daß er gefangen hergeschickt 
Ist worden. Ohne Zweifel weißt du mehr. 
Daja. 
Nun ja. — So sagt man freilich; — doch man sagt 
Zugleich, daß Saladin den Tempelherrn 
Begnadigt, weil er seiner Brüder einem, 
Den er besonders lieb gehabt, so ähnlich sehe. 
Doch da es viele zwanzig Jahre her, 
Daß dieser Bruder nicht mehr lebt, — er hieß, 
Ich weiß nicht wie, er blieb, — ich weiß nicht wo: — 
So klingt das ja so gar — so gar unglaublich, 
Daß an der ganzen Sache wohl nichts ist. 
Nathan. 
Ei, Daja! Warum waäre denn das so 
Unglaublich? Doch wohl nicht — wie's wohl geschieht — 
Um lieber etwas noch Unglaublichers 
Zu glauben? — Warum haͤtte Saladin,
	        
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