Full text: Nathan der Weise. (1854)

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Wie sollen sie gelassen ihre Freunde 
Auf einem andern wandeln sehn, — der ins 
Verderben stürzt, ins ewige Verderben? 
Es müßte moͤglich seyn, denselben Menschen 
Zur selben Zeit zu lieben und zu hassen. — 
Auch ist's das nicht, was endlich laute Klagen 
Mich über sie zu führen zwingt. Ihr Seufzen, 
Ihr Warnen, ihr Gebet, ihr Drohen hätt' 
Ich gern noch länger ausgehalten; gern! 
Es brachte mich doch immer auf Gedanken. 
Die gut und nuͤtzlich. Und wem schmeichelt's doch 
Im Grunde nicht, sich gar so werth und theuer, 
Von wem's auch sey, gehalten fühlen, daß 
Er den Gedanken nicht ertragen kann, 
Er müss' einmal auf ewig uns entbehren! 
Sittah. 
Sehr wahr! 
Recha. 
Allein — allein — das geht zu weit! 
Dem kann ich nichts entgegensetzen; nicht 
Geduld, nicht Ueberlegung; nichts! 
Sittah. 
Was? wem? 
Recha. 
Was sie mir eben jetzt entdeckt will haben. 
Sittah. 
Entdeckt? und eben jetzt? 
Recha. 
Nur eben jetzt! 
Wir nahten, auf dem Weg' hierher, uns einem 
Verfallnen Christentempel. Plötzlich stand 
Sie still; schien mit sich selbst zu kämpfen; blickte
	        
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