Full text: Nathan der Weise. (1854)

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Gemacht, den Christen abzujagen? — Freilich; 
Kein kleiner Raub, ein solch Geschöpf! — Geschoͤpf? 
Und wessen? — Doch des Sklaven nicht, der auf 
Des Lebens öden Strand den Block gefloͤßt, 
Und sich davon gemacht? Des Künstlers doch 
Wohl mehr, der in dem hingeworfnen Blocke 
Die goͤttliche Gestalt sich dachte, die 
Er dargestellt? — Ah! Rechas wahrer Vater 
Bleibt, Trotz dem Christen, der sie zeugte — bleibt 
In Ewigkeit der Jude. — Wenn ich mir 
Sie lediglich als Christendirne denke, 
Sie sonder alles das mir denke, was 
Allein ihr so ein Jude geben konnte: — 
Sprich, Herz, — was waͤr' an ihr, das dir gefiel? 
Nichts! Wenig! Selbst ihr Lächeln, wär' es nichts 
Als sanfte schoͤne Zuckung ihrer Muskeln; 
Wär', was sie lächeln macht, des Reizes unwerth, 
In den es sich auf ihrem Munde kleidet: — 
Nein; selbst ihr Lächeln nicht! Ich hab' es ja 
Wohl schöner noch an Aberwitz, an Tand, 
An Höhnerei, an Schmeichler und an Buhler, 
Verschwenden sehn! — Hat's da mich auch bezaubert? 
Hat's da mir auch den Wunsch entlockt, mein Leben 
In seinem Sonnenscheine zu verflattern? — 
Ich wüßte nicht. Und bin auf den doch launisch, 
Der diesen hoͤhern Werth allein ihr gab? 
Wie das? warum? — Wenn ich den Spott verdiente, 
Mit dem mich Saladin entließ! Schon schlimm 
Genug, daß Saladin es glauben konnte! 
Wie klein ich ihm da scheinen mußte! wie 
Verächtlich! — Und das alles um ein Maädchen? —
	        
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