Full text: Nathan der Weise. (1854)

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Bei weitem nicht das Gute. — War ja wohl 
Natürlich; wenn das Christentöchterchen 
Recht gut von Euch erzogen werden sollte: 
Daß Ihr's als Euer eigen Löchterchen 
Erzögt. — Das haͤttet Ihr mit aller Lieb' 
Und Treue nun gethan, und müßtet so 
Belohnet werden? Das will mir nicht ein. 
Ei freilich, klüger hättet Ihr gethan, 
Wenn Ihr die Christin durch die zweite Hand 
Als Christin auferziehen lassen; aber 
So hättet Ihr das Kindchen Eures Freunds 
Auch nicht geliebt. Und Kinder brauchen Liebe, 
Waͤr's eines wilden Thieres Lieb' auch nur, 
In solchen Jahren mehr, als Christenthum. 
Zum Christenthume hat's noch immer Zeit. 
Wenn nur das Maͤdchen sonst gesund und fromm 
Vor Euern Augen aufgewachsen ist, 
So blieb's vor Gottes Augen, was es war. 
Und ist denn nicht das ganze Christenthum 
Auf's Judenthum gebaut? Es hat mich oft 
Geärgert, hat mir Thränen g'nug gekostet, 
Wenn Christen gar so sehr vergessen konnten, 
Daß unser Herr ja selbst ein Jude war. 
VUathan. 
Ihr, guter Bruder, müßt mein Fürsprach seyn, 
Wenn Haß und Gleißnerei sich gegen mich 
Erheben sollten, — wegen einer That — 
Ah, wegen einer That! — Nur Ihr, Ihr sollt 
Sie wissen! — Nehmt sie aber mit ins Grab! 
Noch hat mich nie die Eitelkeit versucht, 
Sie jemand anderm zu erzählen. Euch
	        
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