Full text: Nathan der Weise. (1854)

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Der die Vernunft erschaffen, nach Vernunft 
Zu untersuchen? und das ewige 
Gesetz der Herrlichkeit des Himmels nach 
Den kleinen Regeln einer eiteln Ehre 
Zu prüfen? — Doch hiervon genug. Was ist 
Es denn, worüber unsern Rath für jetzt 
Der Herr verlangt? 
Tempelherr. 
Gesetzt, ehrwürd'ger Vater, 
Ein Jude hätt' ein einzig Kind, — es sey 
Ein Mädchen, — das er mit der groͤßten Sorgfalt 
Zu allem Guten auferzogen, das 
Er liebe mehr als seine Seele, das 
Ihn wieder mit der froͤmmsten Liebe liebe. 
Und nun wüuͤrd' unser einem hinterbracht, 
Dieß Maͤdchen sey des Juden Tochter nicht; 
Er hab' es in der Kindheit aufgelesen, 
Gekauft, gestohlen, — was Ihr wollt; man wisse, 
Das Maͤdchen sey ein Christenkind, und sey 
Getauft; der Jude hab' es nur als Jüdin 
Erzogen; lass' es nur als Jüdin und 
Als seine Tochter so verharren: — sagt, 
Ehrwürd'ger Vater, was wär' hierbei wohl 
Zu thun? 
Ppat riarch. 
Mich schaudert! — Doch zu allererst 
Erklaͤre sich der Herr, ob so ein Fall 
Ein Faktum oder eine Hypothes. 
Das ist zu sagen: ob der Herr sich das 
Nur bloß so dichtet, oder ob's geschehn, 
Und fortfährt zu geschehn.
	        
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