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die zehn Söhne des Landgrafen sämmtlich mit in den Krieg zogen,
drei davon ihre Treue mit dem Leben bezahlten, und Andere, nament—
lich der geniale Reiterführer Erbprinz Friedrich, geradezu kostbar
wurden für die Armee Marlboroughs, auch das hessen-casselsche
Fürstenhaus vermochte nur wenig Truppen selbst zu unterhalten.
Wir treffen daher ihre Haupttheile immer bei der holländischen
oder englischen Armee und zwar oft so genau verbunden, daß ihre
Kriegsgeschichte mit derjenigen der Holländer oder Engländer zu⸗
sammenfällt. Nur selten tritt der einzelne Truppentheil als be—
sonderes Ganze auf oder kämpft unmittelbar für die kaiserliche Sache.
Für König Ludwig mußte es nunmehr darauf ankommen, sich
möglichst überall in Besitz der seinem Hause zugefallenen Erbschaft
zu setzen. In Spanien, in Mailand, Neapel und Sizilien sowie
in den außereuropäischen Kolonien gelang ihm dies ohne Weiteres,
nachdem der Herzog von Anjou als König Philipp V. am 20. Dezember
1700 in Madrid seinen Einzug gehalten hatte und von allen
spanischen Behörden anerkannt worden war.
In den Spanischen Niederlanden marschirten zuerst einige kleinere
oder größere Detachements nach den festen Plätzen, welche zwar
holländische Besatzungen, aber spanische Kommandanten hatten.
Diese ließen sie ein, übergaben ihnen die wichtigsten Werke und
überwiesen den Holländern die Bewachung der Zenghäuser. Am
18. Februar 1701 erfolgte dann der Einmarsch einer stärkeren
Armee in die Spanischen Niederlande, alle Plätze wurden endgiltig
von den Franzosen besetzt, die holländischen Truppen fast wie Kriegs—
gefangene behandelt. Dazu kam, daß auch der Erzbischof von Cöln
und Lüttich, Bruder des Kurfürsten von Bayern, sich verpflichtet
hatte, die in seinen Gebieten liegenden Festungen am Rhein durch
französische Truppen besetzen zu lassen. Wenn dies jetzt noch
unterblieb, so bedurfte es doch nur einer Aufforderung, und Frank—
reich konnte auch hier ohne Weiteres eine Besetzung vornehmen, die
ihm eine vorzügliche Operationsbasis nach Osten verschaffte.
Nicht so rasch waren die Fortschritte Königs Ludwig XIV. in
Italien, soweit es die eigentliche Besitznahme der dortigen Erbschaft
betraf. Zwar besetzte Catinat mit einer starken Armee das
Mailändische, während das wichtige Mantua, der Zugang zur
Lombardei, ihm durch den Herzog von Savoyen in die Hände ge—
spielt wurde. Dieser, ein unruhiger Kopf, war mühelos für das
französische Interesse gewonnen worden. Dennoch blieb es bei