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erst dasjenige der Bourbonen. Spanien hatte an sich zwar schon
längst an seiner Bedeutung verloren, aber es war doch selbst nur
mit seinen europäischen Provinzen noch immer einer der größten
Staaten. Außer dem eigentlichen Spanien gehörten noch Neapel,
Mailand und die Spanischen Niederlande*k) zu ihm, und dazu kamen
jene unermeßlichen Besitzungen in Amerika und Indien, die es später
zum Theil an England, zum Theil an die Nordamerikanische Union
verlieren sollte. Ein Familiengesetz für die Thronfolge existirte
leider nicht, und so hatten Ludwigs Machenschaften, die schon von
langer Hand herrührten, um so mehr Erfolg, als das Haus
Wittelsbach sich durch Versprechungen abfinden ließ, das Haus
Habsburg aber ebenso wenig zielbewußt und energisch sein Recht
wahrte wie früher. Die Ppolitik Oesterreichs, bei dieser Frage
einfach jede andere als unberechtigt zu erklären und weder einer
Theilung noch Abfindung in irgend welchem Punkte zuzustimmen,
war bei dem oft geradezu brüsken Ton seiner Unterhändler nicht
geeignet, Vertrauen oder Zuneigung zu erwerben. Selbst England,
auf dessen Thron der ebenso energische wie glückliche erste Oranier
in großer Machtfülle saß und als gleichzeitiger Erbstatthalter der
Niederlande so recht geeignet war, Frankreichs Rivale zu sein, wurde
nur abgestoßen von der wenig klugen Art des Wiener Hofes. König
Ludwig brachte es bereits 1698 zu Wege, daß England⸗Holland
mit ihm wegen Spaniens einen seine Ansprüche unterstützenden
Vertrag abschloß, und als König Carl 11. im November dieses
Jahres ein (erstes) Testament unterzeichnete, worin er den jungen
Kurprinzen von Bayern zum Erben aller seiner Staaten bestimmte,
daß England am 17. März 1700 einen zweiten Vertrag mit ihm
schloß. Bei letzterem wurde weder Spanien noch Oesterreich zur
Theilnahme eingeladen, ja das Wiener Kabinet wurde sogar nur
aufgefordert, den Vertrag binnen drei Monaten anzuerkennen. Als
dies nicht geschah und Oesterreich in Spanien selbst auch noch die
Stimmung des Volkes gegen sich aufbrachte, war es kein Wunder,
daß am 2. Oktober König Carl schon halb sterbend zur Unter—
zeichnung eines neuen Testaments bestimmt wurde, welches sich nun
einzig mit Frankreich beschäftigte. Einen Monat darauf erfolgte
der Tod des Königs Carl II.
Nach dem Völkerrechte war der Streit zu Gunsten Frankreichs
entschieden, aber auch sonst standen die Chancen günstig genug für
x*) Ungefähr das heutige Belgien.