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Am 29. Dezember erneuerte der Feind sein Geschützfeuer und
arbeitete an der Herstellung seiner Angriffslinien. Am nächsten
Tage versuchte er nochmals gegen Speifeuer und Dachsloch vor—
zugehen, während das Bombardement fortdauerte. Alles mißlang,
wenn auch neue Verwüstungen an den Festungswerken entstanden.
Glücklicherweise waren am 28. Dezember noch etwa 300 Mann
aus Coblenz in die Festung gelangt und erlaubten es nun, wenigstens
die nöthigsten Lücken in der Besatzungslinie zu füllen.
Dennoch schien die Krisis nicht beendet. Deserteure hatten
angedeutet, daß der Feind einen neuen Sturm beabsichtige, und
General v. Görz hatte deshalb wenigstens alle Verwundete und
Kranke auf das rechte Rhein-Ufer schaffen lassen. Glücklicherweise
unterblieb der Sturm, und was noch mehr die Hoffnung der
bedrängten, aber ebenso noch bis zum Aeußersten entschlossenen Be—
satzung belebte: es kam Nachricht, daß das Entsatzheer unter Land⸗
graf Carl am folgenden Tage von Coblenz abrücken werde.
Auch Marschall Tallard hatte die gleiche Nachricht erhalten,
und nachdem noch am 31. Dezember die Festung mit einem furcht—
baren Bombardement auf die Probe gestellt war, ließ er in der
Neujahrsnacht alles schwere Geschütz unter Bedeckung der größeren
Masse seiner Infanterie nach Montreal abmarschiren, in derselben
Nacht also, in der er sich gerühmt hatte, die Festung zur Uebergabe
zwingen zu können. Am 2. Januar hatten auch die letzten Theile
der französischen Armee die Gegend von Rheinfels verlassen, zwei
Tage darauf erschien das Entsatzheer des Landgrafen, wobei,
wie schon gesagt, die übrigen Theile des Leib-Regiments zu Fuß
sich befanden.
Der Verlust der Franzosen bei dieser Belagerung betrug an
1000 Todte und 6500 Verwundete und Kranke, derjenige der Be—
lagerten 564 Todte und 885 Verwundete. Die vier Kompagnien
des Leib-Regiments zu Fuß beklagten den Verlust von 39 Todten
und 127 Verwundeten.
So endete der ungleiche Kampf mit einem völligen Siege der
Besatzung, und unser Leib-⸗Regiment hatte daran keinen geringen
Antheil gehabt, ja seine Kompagnien hatten zweimal die wichtigste
Entscheidung in dem mörderischen Kampfe herbeigeführt. Rheinfels
1692 bleibt für immer ein Ruhmesblatt in der Geschichte des an
Ruhm so reichen Regiments, und auch die von den Franzosen im