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Schloß zurückgezogen und die Festungswerke in die Luft gesprengt
würden.
Wie bei dem ersten Sturm, empfing die Stürmenden ein furcht—
bares Nahfeuer und warf sie auch wieder nach kurzer Zeit in Un—
ordnung zurück. Dennoch kamen die französischen Grenadiere heran,
nahmen die Gräben und drangen in die einzelnen Werke ein. Oberst
Godenius warf sich im Speifeuer ihnen entgegen, fiel aber selbst,
und seine Leute wichen. Da erschien General v. Görz mit dem
Rest seines Regiments und drang mit dem Bajonett auf den Feind
so heftig ein, daß es gelang, ihn wieder zu vertreiben. Im Dachs—
loch war fast derselbe Vorgang, es gelang aber auch hier, in heftigem
Bajonettkampfe den eingedrungenen Feind zurückzuwerfen. Damit
war jedoch der Sieg nicht entschieden, denn neue Massen drangen
den zurückweichenden Sturmkolonnen auf dem Fuße nach und er—
neuerten den Angriff noch viermal mit immer gleicher Wuth. Der
Graben war kein Hinderniß mehr, und so spielten sich die Scenen
eines schreckenerregenden, blutigen Handgemenges jetzt auf den Wällen
selbst oder gar im Innern derselben ab. Jeder Fußbreit wurde
mit vielem Blute erkauft, und lange schwankte die Schale des Kriegs—
glücks auf und nieder. Schon schien eine Katastrophe unvermeidlich,
denn das kleine Häuflein der Vertheidiger schmolz immer mehr,
obgleich die Reserve fast ganz verbraucht worden war. Da warf
sich General v. Görz mit den als letzte Reserve zurückgehaltenen
zwei übrigen Kompagnien des Leib-Regiments nochmals dem
Feinde entgegen und trieb ihn mit letzter Anstrengung zurück. Das
entschied, weil schon die Dunkelheit so hereingebrochen war, daß man
Feind und Freund nicht mehr zu unterscheiden vermochte. Nach
kurzer Zeit gingen die französischen Kolonnen zurück, nachdem be—
reits ein Theil derselben auf eigene Hand das Weite gesucht hatte.
Der dreistündige Kampf hatte den Franzosen über 1200 Todte
und 2000 Verwundete gekostet, die Hessen verloren über 120 Mann
an Todten und 400 Mann an Verwundeten. General v. Görz
war mehrfach verwundet, Oberst Godenius, Hauptmann v. Busch
des Leib-Regiments u. A. m. gefallen, Major v. Sacken verwundet.
Am folgenden Tage (28. Dezember) erbat der Feind — so
stark war sein Verlust und seine Erschütterung — selbst einen
Waffenstillstand, den aber General v. Görz abschlug, weil er dem
Gegner mit Recht mißtraute. Der Tag verlief sonst ruhig.