Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Schloß zurückgezogen und die Festungswerke in die Luft gesprengt 
würden. 
Wie bei dem ersten Sturm, empfing die Stürmenden ein furcht— 
bares Nahfeuer und warf sie auch wieder nach kurzer Zeit in Un— 
ordnung zurück. Dennoch kamen die französischen Grenadiere heran, 
nahmen die Gräben und drangen in die einzelnen Werke ein. Oberst 
Godenius warf sich im Speifeuer ihnen entgegen, fiel aber selbst, 
und seine Leute wichen. Da erschien General v. Görz mit dem 
Rest seines Regiments und drang mit dem Bajonett auf den Feind 
so heftig ein, daß es gelang, ihn wieder zu vertreiben. Im Dachs— 
loch war fast derselbe Vorgang, es gelang aber auch hier, in heftigem 
Bajonettkampfe den eingedrungenen Feind zurückzuwerfen. Damit 
war jedoch der Sieg nicht entschieden, denn neue Massen drangen 
den zurückweichenden Sturmkolonnen auf dem Fuße nach und er— 
neuerten den Angriff noch viermal mit immer gleicher Wuth. Der 
Graben war kein Hinderniß mehr, und so spielten sich die Scenen 
eines schreckenerregenden, blutigen Handgemenges jetzt auf den Wällen 
selbst oder gar im Innern derselben ab. Jeder Fußbreit wurde 
mit vielem Blute erkauft, und lange schwankte die Schale des Kriegs— 
glücks auf und nieder. Schon schien eine Katastrophe unvermeidlich, 
denn das kleine Häuflein der Vertheidiger schmolz immer mehr, 
obgleich die Reserve fast ganz verbraucht worden war. Da warf 
sich General v. Görz mit den als letzte Reserve zurückgehaltenen 
zwei übrigen Kompagnien des Leib-Regiments nochmals dem 
Feinde entgegen und trieb ihn mit letzter Anstrengung zurück. Das 
entschied, weil schon die Dunkelheit so hereingebrochen war, daß man 
Feind und Freund nicht mehr zu unterscheiden vermochte. Nach 
kurzer Zeit gingen die französischen Kolonnen zurück, nachdem be— 
reits ein Theil derselben auf eigene Hand das Weite gesucht hatte. 
Der dreistündige Kampf hatte den Franzosen über 1200 Todte 
und 2000 Verwundete gekostet, die Hessen verloren über 120 Mann 
an Todten und 400 Mann an Verwundeten. General v. Görz 
war mehrfach verwundet, Oberst Godenius, Hauptmann v. Busch 
des Leib-Regiments u. A. m. gefallen, Major v. Sacken verwundet. 
Am folgenden Tage (28. Dezember) erbat der Feind — so 
stark war sein Verlust und seine Erschütterung — selbst einen 
Waffenstillstand, den aber General v. Görz abschlug, weil er dem 
Gegner mit Recht mißtraute. Der Tag verlief sonst ruhig.
	        
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