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massen noch heute den Blick des Wanderers anziehen, bestand aus
aielen starken Bauten, lag jedoch tiefer als die Kuppe der nahen
Werlauer Höhe und bot daher manches gute Ziel für dort angelegte
feindliche Batterien. Die eigentliche Festung konnte dagegen höchstens
hon der weiter abgelegenen Biebernheimer Höhe südöstlich wirksam
beschossen werden, ihre durchweg starken Wälle und Reduits waren
aber von dort aus nicht einzusehen und konnten auch einer längeren
Beschießung trotzen. Die Annäherung an diese Wälle fiel dagegen
zum Theil nicht so schwer, wenigstens lag das Dorf Biebernheim
hnen so nahe, daß von ihm aus der Angreifer schnell genug vor—
stoßen konnte. Sehr richtig hatte denn auch General v. Görz, so
qut es noch ging, kleinere Außenwerke herstellen lassen und nach dem
Dorfe hin Vortruppen aufgestellt mit dem Befehl, im Falle eines
stärkeren feindlichen Angriffes sich wieder abzuziehen. Im Laufe der
Belagerung wurden dann diejenigen Werke erster und zweiter Linie,
—E Dachsloches und
Speifeuers und Mausloch, welche Biebernheim gegenüber lagen, die
Ziele des feindlichen Angriffes.
Was endlich das am Fuße der beiden Berge Wackenberg und
Biebernheimer Höhe gelegene, mit altem Wall und Thurm um—
schlossene Städtchen St. Goar betrifft, so führte zwar ein Fahrweg
von der Festung dergestalt herunter, daß er eine schwer zu verlegende
Verbindung zwischen beiden herstellte, aber auch der in Biebernheim
sich festsetzende Angreifer hatte einen direkten Weg dahin. Er konnte
deshalb nur durch richtig geleitetes Vertheidigungsfeuer vom Schlosse
uus und von der Burg Katz her, endlich aber durch tapferes Verhalten
der in St. Goar liegenden Theile der Besatzung, 4 Kompagnien
des Regiments Prinz Carl, verhindert werden, sich St. Goars zu
bemeistern. St. Goar war mit St. Goarshausen durch eine fliegende
Brücke verbunden.
Marschall Tallard hatte seinem Könige etwas voreilig verheißen,
er werde ihm am Neujahrstage die Schlüssel von Rheinfels über—
senden. Jetzt stand er freilich vor der Festung, noch bevor sie eine
eigentliche Besatzung erhalten hatte. Schon hatte er am 17. De—
zember versucht, St. Goar zu besetzen, und nur die tapfere Ver—
heidigung der dortigen Bürgerschützen, denen von St. Goarshausen
einige Kompagnien der Görzischen Vorhut noch rechtzeitig zu Hülfe
kamen, vereitelte diesen Versuch. Glücklicherweise störte ein Zwischen—
fall Tallards hochfliegende Gedanken kurz darauf; er wurde, da er