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einer rechtzeitigen Vereinigung der Kräfte, so daß es dem Gegner
gelang, die Württemberger allein anzugreifen und bei Vaihingen
(Heilbronn) zur Kapitulation zu zwingen. Ebenso gelang es ihm,
am 6. Oktober bei Philippsburg unbeschadet über den Rhein wieder
zurückzugehen und zum Entsatz gegen Ebernburg vorzurücken, welches
der Landgraf von Hessen wieder zu belagern suchte. Dieser ging
darauf nach Mainz zurück, für dessen Besitz der Markgraf schon zu
sorgen begann. Beide Theile bezogen Winterquartiere, doch sollten
diese nicht in Ruhe verlebt werden, denn Marschall Tallard, welcher
vertretungsweise den Oberbefehl übernommen hatte, unternahm noch
am Schluß des Jahres die Belagerung der Festung Rheinfels, von
der nun weiteres zu melden ist.
Der Landgraf von Hessen-Cassel hatte nach den Bestimmungen Baagerung ven
des Westfälischen Friedensinstruments das Besatzungsrecht der NRheinfels, Ibge
Festung Rheinfels, eines damals noch strategisch wichtigen Punktes
an der Rhein-Linie. Die Festung war 1497 angelegt und 1527 von
Landgraf Philipp dem Großmüthigen von Hessen im Bau fertig⸗
gestellt worden. Dieser Landgraf, dessen Herrschaft noch das ganze
große Gebiet der alten Chatten von der Diemel bis zum Rhein
umfaßte, hatte es bei seinem Tode unter seine vier Söhne so
getheilt, daß das sogenannte Niederfürstenthum mit der Haupt—
stadt Cassel an den ältesten Sohn Wilhelm, das sogenannte Ober—
fürstenthum mit der Hauptstadt Marburg an Landgraf Ludwig, die
Obergrafschaft Katzenelnbogen mit der Hauptstadt Darmstadt an den
Landgrafen Georg, endlich die Niedergrafschaft Katzenelnbogen mit
der Hauptstadt Rheinfels an den Landgrafen Philipp fiel. Landgraf
Philipp starb bereits 1683 ohne Erben und sein Besitz fiel be—
stimmungsmäßig an die Linie Hessen-Cassel. Auch Ludwig starb ohne
Nachkommen, worauf sich jener Erbstreit zwischen den Linien Cassel
und Darmstadt erhob, der während des ganzen Dreißigjährigen
Krieges gedauert hatte und von dem Kaiser zu Gunsten der ihm treu
bleibenden Linie Darmstadt einseitig entschieden worden war. Nur
die Energie der Landgräfin Amelia Elisabeth hatte es durchgesetzt,
daß beim Friedensschluß sich Rheinfels in ihrem Besitz befand und
nun zwar in den Besitz der neuen Linie Hessen-Rheinfels-Rotenburg,
aber doch unter Bewilligung des Besatzungsrechts von Seiten
Hessen-Cassels kam. Der neue Besitzer, obwohl nicht mächtig genug,
um im Ernstfalle diesen Besitz zu vertheidigen, erkannte gleichwohl
nur für den Ernstfall, d. h. für den Fall eines Krieges, das Recht