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Jufanterie-Regiments Nr. 95 sein schönes Offizierkasino in liebens—
würdigster Weise zur Verfügung stellte. Die Brigademanöver fanden
zwischen Koburg und Meiningen, die Divisionsmanöver nördlich
Meiningen statt. Sodann überschritt die Division auf mehreren
Marschstraßen den Thüringer Wald und erzwang den Austritt aus
den von der 22. Division vertheidigten Defileen des Gebirges, wobei
diesseitige Artillerie auf dem sagenumsponnenen Hörselberge auffuhr
und unser Regiment am ganzen Kamm dieses Berges entlang
marschirte. Der Rücktransport erfolgte von Eisenach aus.
Laut A. K.O. vom 19. September wurde dem Füsilier Hünneckens,
3. Kompagnie, für die von ihm mit Lebensgefahr ausgeführte Rettung
eines Knaben vom Ertrinken im Rhein die Rettungs-Medaille am
Bande verliehen.
Am 16. Oktober fand in Homburg, in Gegenwart des Zaren—
paares sowie der Kaiserin Friedrich und des Großherzogs von Hessen, die
Grundsteinlegung zu einer „griechischen“ Kapelle statt. Das III. Bataillon
bildete Spalier. Dem Bataillonskommandeur, Major v. Puttkamer,
wurde der Stanislaus-Orden 2. Klasse verliehen. Zwei Tage
darauf traf das russische Kaiserpaar auch in Wiesbaden zum Besuche
der dortigen griechischen Kapelle ein. Aus den Mannschaften des
l. und 1V. Bataillons wurden zwei Kompagnien — Hauptmann
Harry v. Wright und Hauptmann Freiherr v. Diepenbroick-Grüter —
gebildet, welcher unter Befehl des Majors v. der Leyen auf dem
3 kmm langen Wege vom Bahnhof bis zur griechischen Kapelle
Spalier bildeten.
Am 19. Oktober erfolgte die Ankunft des Deutschen Kaiser—
paares in Wiesbaden. Die Fahnen wurden durch eine zusammen—
gestellte Kompagnie unter Hauptmann v. Vallet des Barres ins
Schloß gebracht. Am 20. Oktober mittags holte Seine Majestät
den Kaiser von Rußland am Bahnhofe ab. Hierzu war, ebenso wie
für die Abfahrt, befohlen, daß die Garnisonen Wiesbaden und Biebrich
vom Schloß bis zum Bahnhofe Spalier bilden sollten. Es war
ein erhebender Moment, die beiden mächtigsten Herrscher der Welt
Seite an Seite durch die herrlich geschmückte Wilhelmstraße ein—
fahren zu sehen.
Am 21. Oktober reisten Ihre Majestäten wieder ab. Tags
zuvor hatte der Kaiser die Gnade gehabt, dem Regiment einen Ab—
druck seiner Zeichnung: „Niemand zu Liebe, Niemand zu Leide!“
mit eigenhändiger Namenschiffre und Datum zu schenken.