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Generalkommandos binnen 24 Stunden mit der Bahn in die Gegend
von Homburg befördert. Alle Manöverdispositionen, die Frucht
monatelanger Arbeit, mußten in wenigen Tagen gänzlich umgearbeitet
werden; dennoch ging Alles wie am Schnürchen. Es war dies eine
glänzende Probe einerseits auf die Sicherheit und die Thatkraft,
mit der unsere Heeresleitung und Verwaltung in allen ihren Zweigen
arbeitet, andererseits auf das gedeihliche Zusammenwirken von
Militär- und Civilbehörden, sowie nicht zum Mindesten auf die
Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bahnverwaltung. Das
Brigade-Exerziren wurde nunmehr südlich Oberursel, die Manöver
zwischen Main und Taunus abgehalten.
Nach den Herbstübungen wurde das Ulanen-Regiment Nr. 6
von Mühlhausen und Langensalza nach Hanau verlegt und traf,
von der dortigen Garnison und den städtischen Behörden auf dem
Marktplatz festlich empfangen, am 23. September ein. Nun wurde es
in dem einst so stillen Hanau immer lebendiger. Während der kurzen
Zeit ihres Zusammenseins hat zwischen dem Ulanen-Regiment und
unserem II. Bataillon ein sehr freundschaftliches Verhältniß bestanden.
Am 16. Oktober traf der Kaiser in Wiesbaden ein, zur Ent—⸗
hüllung des Schillingschen Denkmals Kaiser Wilhelms des Großen
und zur Einweihung des neuen Königlichen Theaters, welches bei
dem Interesse des Kaiserlichen Herrn unter der Leitung des rührigen
Intendanten v. Hülsen sich heutzutage zu einer hochbedeutenden
Kunststätte entwickelt hat.
Von nun an erschien der Kaiser alljährlich in Wiesbaden und
gewann die Stadt und ihre herrliche Umgebung wohl ebenso lieb.—
wie ehedem sein Kaiserlicher Großvater.
Vom Regiment war bei jener Enthüllungsfeier eine Ehren⸗
Kompagnie, zu welcher jedes Bataillon einen Zug gestellt hatte, unter
dem Kommando des Hauptmanns Scheffer, am Deukmal auf⸗
gestellt. Als die Hülle fiel und die Gestalt des gütigen, die Hand
gleichsam segnend ausstreckenden Herrn und Königs sich im lichten
Marmor gegen den Himmel abhob, da erinnerten wir uns mit
Stolz seines Wortes: „Meine Sommergarde!“ und so mancher hier
erlebte Beweis für seine Herzensqüte trat uns wieder lebendig vor
Augen.
Nach beendeter Feier reisten der Regimentskommandeur, Oberst
v. Weise, mit dem Regimentsadjutanten, Premierlieutenant William
v. Wright, zur Fahnenweihe nach Berlin. (Vergl. Abschnitt „Fahnen“.)