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1892.
Beim Ordensfest erhielten Hauptmann Jobst und Oberstabsarzt
Dr. Brodführer den Rothen Adler-Orden 4. Klasse.
Im Maärz verschied ganz unerwartet unser Generalinspekteur,
der Großherzog Ludwig IV. von Hessen-Darmstadt. Sämmttliche
Offiziere der Armee legten auf Allerhöchsten Befehl dreitägige
Trauer an. An seiner Stelle wurde später General-Feldmarschall
Graf v. Blumenthal zum Generalinspekteur der dritten Armee—
Inspektion ernannt.
Einen Monat später traf die ebenso unerwartete Trauerkunde
ein, daß unser Brigadekommandeur, Generalmajor Naglo, nach
furzem Kranksein einem Schlaganfall erlegen sei.
Fast zu gleicher Zeit ereilte uns die Nachricht von dem Tode
des als Lehrer zur Kriegsschule Neiße kommandirten Hauptmanns
Koehlau, eines Offiziers von hoher Begabung und regem Geiste,
dem vermöge seiner vielseitigen Veranlagung, seiner ritterlichen Er—
scheinung und seines gewinnenden Wesens eine glänzende Laufbahn
bevorzustehen schien. Er hatte 19 Jahre lang dem Regiment an—
gehört, das seinen Verlust aufs Tiefste beklagte.
Am 17. Mai wurde Oberst Frhr. v. Meerscheidt-Hüllessem,
bisher Kommandeur des Infanterie-Regiments Graf Bülow
o. Dennewitz, zum Kommandeur der 42. Infanterie-Brigade ernannt.
Im folgenden Monat verließ uns unser geliebter, ritterlicher
Kommandeur Oberst v. Gersdorff, um das Kommando der 41. In—
fanterie-Brigade zu übernehmen. Er hinterlegte bei seinem Scheiden
die Summe von 1000 Mark zur Gründung eines Silberfonds.
Mehrere Jahre später trafen wiederum 1000 Mark ein, von einem
anonymen Sender mit aus den Regimentsakten wohlbekannter Hand—
schrift für den gleichen Zweck bestimmt.
Mit ihm schied Major Wagner aus dem Regiment, der vorletzte
der Offiziere, die ihm seit 1866 angehört hatten, ebenso der Feldwebel
Schloß, der letzte der kurhessischen Unteroffiziere. Mit Ein—
rechnung dreier Kriegsjahre hatte dieser eine Dienstzeit von 36 Jahren
zurückgelegt und sich das Eiserne Kreuz 2. Klasse, sowie das All—
gemeine Ehrenzeichen in Gold erworben. 22 Jahre lang hatte er
die Geschäfte des Feldwebels der 8. Kompagnie in immer gleicher
Strammheit und körperlicher Rüstigkeit versehen, im wahren Sinn
des Wortes ein Muster-Feldwebel. Endlich wurde Feldwebel
Matter der 6. Kompagnie nach 20jähriger Dienstzeit pensionirt.