Auf Negroponte befanden sich an 6000 Türken, darunter 4500
Janitscharen unter dem Bey Ibrahim und dem Stadtkommandanten
Mustapha Pascha. Die Festung selbst, sehr günstig gelegen, war
während der Ruhezeit, die ihr Morosini gelassen, stark vertheidigungs—
ähig gemacht und an der Annäherungsseite mit vielen Minen um—
geben. Auch die auf dem gegenüberliegenden Festlande gelegene
Vorstadt Karababa hatte eine starke Verschanzung erhalten und wurde
hald als der Schlüssel zu der Festung selbst erkannt, weil diese von
hier aus durch den nur sechs Meilen von Karababa entfernt stehenden
Seraskier leicht verproviantirt werden konnte. Vergebens aber er—
hoben Königsmarck u. A. ihre Stimme, um diese Meinung zur
Geltung zu bringen, der Neid ließ an ihrer Warnung vorübergehen,
Morosini hörte nicht darauf. So blieb sogar der Zugang nach
Theben offen, und die Umschließung der Festung beschränkte sich auf
die Insel, die von Karababa auf die Seeseite. Und doch waren die
Festung und das Städtchen Karababa durch eine steinerne, mit einem
Durchlaßaufzuge für Schiffe versehene Brücke untereinander verbunden,
ie Besatzung also in ihrer Verbindung nach dem Festlande von nun
an ganz unbeschränkt.
Die Festung selbst, der also der Angriff galt, hatte an sich
aur ältere Vertheidigungswerke mit Basteien und Thürmen, einem
100 Fuß breiten und 20 Fuß tiefen unter Wasser gesetzten Graben
ind davor ein ausgedehntes Minengeäst. Sie hätte nicht viel
Widerstand leisten können, wenn nicht eine Verschanzung mit starkem
Profil und Pfahlwerk sie von Meer zu Meer, !Meile lang, in
der Entfernung von mehreren hundert Metern umgeben hätte. Die⸗
selbe zählte an den Endpunkten und an den beiden nach dem Innern
der Insel gerichteten ausspringenden Winkelpunkten je ein starkes, selb—
tändiges Bollwerk, von denen das am rechten Flügel auf steilem
Hügel gelegene Werk, Mulskat, den Hafen, das am linken Flügel
gelegene, der Marabut, die ganze vorliegende Ebene beherrschte. Wie
das auf steilem Felshügel 200 bis 300 m von der Steinbrücke ge—
legene Karababa, so waren auch die Bollwerke dieser Verschanzungs—
linie mit schwerstem Geschütz armirt.
Am 13. Juli erfolgte die Landung der Vorhut auf der Insel,
schon beunruhigt durch die Truppen des Seraskiers. Am 16. Juli
andete das Gros, und es kam zu einem recht heftigen Vorhutgefecht,
in dem auch die Hessen sich betheiligten. Während weiterer Schar—
mützel langte am 24. Juli endlich der Rest der Belagerungstruppen
Belagerung von
Negroponte,
1688.