Morosini zur Abfahrt, aber nur in dem Sinne des Rückzuges und
der Preisgabe der mit so vielem Elend befreiten Attiker, die ver—
gebens um Zurücklassung einer Besatzung flehten. Am 9. April
berließen die „Befreier“ die attische Küste und fuhren zurück nach
der Insel Kalauria (Poros), nicht ohne noch ein furchtbares Blut—
gericht an jener Besatzung von Mistra abgehalten zu haben, die im
Vorjahre mit Mühe einem solchen Schicksale entgangen war.
Auf Kalauria, wo zwar für Ruhe und Absonderung der Kranken
besser gesorgt werden konnte, wo aber die Luft selbst wieder un—
gesund genug war, blieb die Armee drei Monate hindurch in immer—
währendem Kampfe mit Fieber und Pest. Schon am 3. April
hatte die Zahl der vom Regiment Prinz Carl Verstorbenen die Höhe
von 590 Mann erreicht.
Vielleicht wäre das Elend noch mehr gestiegen, da trat aber
ein Ereigniß ein, welches entscheidend für alles Weitere wurde und
wenigstens die Armee wieder in Bewegung brachte. Der Tod des
bisherigen Dogen von Venedig hatte Morosini an seine Stelle ge—
bracht, der neue Doge wollte nicht ruhen, ehe er nicht die Fahne
von St. Markus auch in Konstantinopel aufgepflanzt hatte. Das
schien leicht genug; das Türkenreich lag in den letzten Zuckungen
und suchte vergeblich Frieden unter billigen Bedingungen. Die
türkischen Truppen meuterten aller Orten, und als der Aufruhr auch
Kreta (Candia) ergriff, riefen dort die Griechen die Venetianer
flehend herbei. Morosini ergriff diese Nachricht begierig und erschien
mit einem starken Geschwader vor der kretischen Küste. Hier fand
er jedoch unverhofft entschlossenen Widerstand und ward zur Rückkehr
gezwungen. Um so mehr kam er nun auf den alten Plan der Er—
oberung von Negroponte zurück und ließ sich auch durch die Vor—
stellungen Königsmarcks nicht mehr davon abhalten. Von Neuem
wurden in ganz Europa Soldtruppen geworben, und wieder schlossen
sich ihnen deutsche Hülfstruppen an. Als die Pest am Anfang Juli
endlich wieder erlosch, waren die gehabten Verluste durch 42000 Mann
neu eingetroffener Hülfstruppen ersetzt.
Am 7. Juli erfolgte die Abfahrt der Truppen, ein buntes
Gemisch von allerhand Abenteurern und Kreuzfahrern. Die Fahrt
begann glücklich, um desto schlimmer zu enden. Ein schwerer Sturm
brach aus und zerstreute die Flotte. Nur mit Mühe gelang es, sie
wieder zu versammeln. Das Regiment Hessen war in großer
Gefahr. Endlich sah man Negroponte (Chalcis oder Egripos) vor sich.