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Der Mittagstisch der Offiziere fand im Hotel zum Kurfürsten
statt. Täglich setzte uns der „Kurfürst-Müller“ dort ein Diner von
vielen Gängen zu erstaäunlich niedrigem Preise vor, und seine Weine
waren in ganz Westdeutschland berühmt.
Als wenn der warme Empfang in Fulda einen Sonnenstrahl
über das ganze Jahr unserer dortigen Anwesenheit geworfen hätte,
so war die Stimmung bei Allen während der ganzen Zeit die un—
getrübteste. Allsonntäglich spannte die Batterie mehrere sechsspännige
Leiterwagen an, und hinaus ging es in den Wald, wo an irgend
einem der herrlichen Aussichtspunkte die mitgebrachten Erfrischungen
und Getränke ausgepackt wurden. Das lebhhafte Interesse, das die
Einwohnerschaft Allem entgegenbrachte, was wir thaten und ließen,
wurde durch Ansammlung von Hunderten auf dem Schloßplatz, von
dem wir abfuhren, offenkundig. In ihrer ländlichen Unbefangenheit
scheuten sie sich nicht, die eingepackten Herrlichkeiten aus nächster Nähe
zu begutachten, und Niemand hinderte sie daran; es war ein Idyll.
Auch der Winter war nicht ohne Reiz. Die außerordentlich
fröhliche Geselligkeit gipfelte in einem von den Junggesellen im
„Kurfürst“ gegebenen Fest, dessen schöngeistiger Mittelpunkt der
Hauptmann v. Winning war, und bei welchem poetische, deklama—
torische, musikalische und zeichnerische Talente zu ausgiebigster Ent—
faltung kamen. Der Scheffelsche „Sang am Oberrhein“ in unfrei—
willig ostpreußischer Mundart dürfte den Betheiligten in steter
Erinnerung bleiben.
Diese Talente haben im Regiment dann Schule gemacht.
Namentlich gaben die Geburtstage am Offiziermittagstisch reichlich
Gelegenheit hierzu. So wurden diese Tage zu Festtagen nicht nur
für den Gefeierten, sondern für die ganze Tafelrunde, und mancher
poetische Gruß pflegte dann auch auf „Stephans-Schwingen“ von
Garnison zu Garnison zu fliegen.
Als daun im Frühjahr 1882 die allerdings schon vorauszu—
sehende Verlegung des Bataillons nach Marburg kam, war die
Abschiedstrauer auf beiden Seiten eine gleich große und aufrichtige.
Deutlich geht dies aus dem Abschiedsschreiben des Fuldaer Stadt—
raths an den Bataillonskommandeur hervor, in welchem jener „sein
lebhaftes Bedauern darüber ausdrückt, daß das Bataillon Fulda
verlassen müsse, nachdem es durch sein niemals getrübtes, freundliches
Einvernehmen mit der Bürgerschaft Fuldas deren wärmstes An—
gedenken für alle Zeiten sich gesichert habe“.