Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Der Mittagstisch der Offiziere fand im Hotel zum Kurfürsten 
statt. Täglich setzte uns der „Kurfürst-Müller“ dort ein Diner von 
vielen Gängen zu erstaäunlich niedrigem Preise vor, und seine Weine 
waren in ganz Westdeutschland berühmt. 
Als wenn der warme Empfang in Fulda einen Sonnenstrahl 
über das ganze Jahr unserer dortigen Anwesenheit geworfen hätte, 
so war die Stimmung bei Allen während der ganzen Zeit die un— 
getrübteste. Allsonntäglich spannte die Batterie mehrere sechsspännige 
Leiterwagen an, und hinaus ging es in den Wald, wo an irgend 
einem der herrlichen Aussichtspunkte die mitgebrachten Erfrischungen 
und Getränke ausgepackt wurden. Das lebhhafte Interesse, das die 
Einwohnerschaft Allem entgegenbrachte, was wir thaten und ließen, 
wurde durch Ansammlung von Hunderten auf dem Schloßplatz, von 
dem wir abfuhren, offenkundig. In ihrer ländlichen Unbefangenheit 
scheuten sie sich nicht, die eingepackten Herrlichkeiten aus nächster Nähe 
zu begutachten, und Niemand hinderte sie daran; es war ein Idyll. 
Auch der Winter war nicht ohne Reiz. Die außerordentlich 
fröhliche Geselligkeit gipfelte in einem von den Junggesellen im 
„Kurfürst“ gegebenen Fest, dessen schöngeistiger Mittelpunkt der 
Hauptmann v. Winning war, und bei welchem poetische, deklama— 
torische, musikalische und zeichnerische Talente zu ausgiebigster Ent— 
faltung kamen. Der Scheffelsche „Sang am Oberrhein“ in unfrei— 
willig ostpreußischer Mundart dürfte den Betheiligten in steter 
Erinnerung bleiben. 
Diese Talente haben im Regiment dann Schule gemacht. 
Namentlich gaben die Geburtstage am Offiziermittagstisch reichlich 
Gelegenheit hierzu. So wurden diese Tage zu Festtagen nicht nur 
für den Gefeierten, sondern für die ganze Tafelrunde, und mancher 
poetische Gruß pflegte dann auch auf „Stephans-Schwingen“ von 
Garnison zu Garnison zu fliegen. 
Als daun im Frühjahr 1882 die allerdings schon vorauszu— 
sehende Verlegung des Bataillons nach Marburg kam, war die 
Abschiedstrauer auf beiden Seiten eine gleich große und aufrichtige. 
Deutlich geht dies aus dem Abschiedsschreiben des Fuldaer Stadt— 
raths an den Bataillonskommandeur hervor, in welchem jener „sein 
lebhaftes Bedauern darüber ausdrückt, daß das Bataillon Fulda 
verlassen müsse, nachdem es durch sein niemals getrübtes, freundliches 
Einvernehmen mit der Bürgerschaft Fuldas deren wärmstes An— 
gedenken für alle Zeiten sich gesichert habe“.
	        
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