Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Gesang die Stadt durchzogen. Imposant gestaltete sich am Bischofs— 
sitz die Fronleichnamsprozession, an der Tausende und Abertausende 
von Menschen theilnahmen, und während derer die Stadt in einen 
wahren Wald von jungen Birken und Tannenreisig verwandelt war. 
Das Offizierkorps ist späterhin auch in freundliche Beziehung zu dem 
Bischof Kopp getreten. 
Die Kaserne des Bataillons, ein ehemaliges Kloster, dessen 
Refektorium nunmehr statt der wohlgenährten Mönche unseren gut 
trainirten Füsilieren zum Speisesaal diente, war derartig baufällig, 
daß die in den Mauern vorhandenen Risse sich vielfach um Finger— 
breite verbreitereen. Die engen, winkeligen Treppen und Flure 
machten die Kaserne zu keinem angenehmen Aufenthalte. Schießstände 
und Exerzirplatz waren 16,3 Stunden von der Stadt entfernt an 
der Leipziger Straße. Erstere, im sogenannten „Mausehund“, einer 
romantischen Waldgegend, gelegen, wiesen eine vollkommen gebirgige 
Schießbahn auf. Theile der Schießstandsohle lagen vom Standpunkt 
des Schützen, der sein Geschoß von Berg zu Berg sandte, im todten 
Winkel, und der Weg zur Anzeigerdeckung war einer Gebirgspartie 
vergleichbar. 
Der Exerzirplatz gewährte einen geradezu großartigen Umblick 
auf die bis in den Juli hinein oft noch mit Schnee bedeckten, wild— 
gezackten Rhönberge. Dafür wehte freilich beim Exerziren ein solch 
scharfer Wind, daß man selbst im Hochsommer sich oftmals nach 
wärmerer Kleidung sehnte. — Ein kleiner Platz am Ufer der Fulda 
konnte nur für kleinere Exerzirübungen benutzt werden. 
Nur acht Tage, nachdem das Bataillon eine alte Kompagnie ab— 
gegeben, eine neue Kompagnie formirt und seinen Umzug in eine 
neue Garnison bewerkstelligt hatte, fand Kompagniebesichtigung und 
auch noch Frontmusterung statt. Den Kompagniechefs, insbesondere 
dem der abgegebenen und neu formirten 5. Kompagnie, zu welcher 
er nicht einmal seinen Feldwebel und Kammerunteroffizier hatte 
hinübernehmen können, standen die Haare zu Berge, und selbst dem 
Bataillonskommandeur mit seinem vortrefflichen Adjutanten, mochte 
es schwer fallen, seine sonst klassische Ruhe zu bewahren. Schließlich 
lief aber Alles glatt ab. In der vpreußischen Armee geht bekanntlich 
Alles. 
Die Umgebung von Fulda bot ein nahezu ideales Felddienst— 
gelände dar, was in jener Zeit, in welcher der Schießdienst nicht so 
odiel Zeit beanspruchte, nach Herzenslust ausgenutzt wurde.
	        
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