Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Am 18. Jannar war Prinzessin Carl von Preußen verschieden, 
in Wiesbaden mit herzlicher Aufrichtigkeit betranert. Auch in unseren 
eigenen Reihen mähte der Todesengel. Ein alter treuer Beamter, 
der Zahlmeister des II. Bataillons, Lieutenant a. D. Müller, starb 
am 13. Januar. 
Die Manöver führten uns über Fulda, Lauterbach und Alsfeld 
in die Gegend von Kirchhain. Bei Lauterbach waren seit den 
Befreiungskriegen keine Truppen einquartiert worden. Wie Wesen 
aus einer anderen Welt wurden die ersten Quartiermacher angestaunt 
und wie siegreiche Krieger die einrückenden Kompagnien empfangen. 
Einem Fourieroffizier war auf die Frage, wann die letzte Ein— 
quartierung dortgewesen, die Antwort zu Theil geworden: „Die letzte 
Baschkire habbe mer Anno 1813 gesehe!“ 
Nach beendigtem Manöver wurde General v. Ziemietzky unter 
Beförderung zum Generallieutenant zu den Offizieren von der Armee 
versetzt und der bisherige Kommandeur des Infanterie-Regiments 
Nr. 116, Oberst v. Weber, an die Spitze unserer Brigade gestellt. 
Anfang November trafen die Landgräfin von Hessen und ihre 
Schwester Frau Prinzessin Luise von Preußen zu längerem Aufenthalte 
in Wiesbaden ein. Dieser Besuch wiederholte sich fortan alljährlich, 
bis Prinzessin Luise dauernd in Wiesbaden Wohnung nahm. Den 
Offizieren der Garnison wurde seitdem sehr häufig die Ehre zu Theil, 
von Ihrer Königlichen Hoheit zur Abendtafel befohlen zu werden, 
und auch sonst nimmt die Prinzessin an den Erlebnissen des Regiments 
in uns ehrender Weise Antheil. 
Vom 6. November bis 17. Dezember verweilte das Kronprinzen— 
paar mit den Prinzessinnen Charlotte, Victoria, Sophie, Margarethe 
und dem Prinzen Waldemar in Wiesbaden. Am 9. Dezember 
zeichnete der Kronprinz die Truppentheile dieser Garnison dadurch 
aus, daß er sie in ihren Kasernen besichtigte. Der hohe Herr ließ 
sich die Offiziere des J. Bataillons vorstellen und richtete an jeden 
einzelnen einige gnädige Worte. Da die große Mehrzahl aus 
Offizierfamilien stammte, so waren die Väter oder Verwandte von 
vielen Seiner Kaiserlichen Hoheit persönlich bekannt und gaben Ver— 
anlassung zu huldreichen Erkundigungen und Erinnerungen. Als 
dem Kronprinzen in kurzer Aufeinanderfolge die Namen v. Pawlowski, 
v. Selasinsky und v. Drygalski genannt wurden, fragte er scherzend, 
wodurch wir die Beziehungen zum Königreich Polen erlangt 
hätten.
	        
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