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Die Stadt selbst hatte ihre Thore den Griechenbefreiern ge—
öffnet, die Burg lag so nahe und doch schwer erreichbar. Von dem
Hügel des Musaion aus sollte nun die Beschießung des eben be—
schriebenen Bollwerkes unternommen werden. Oberstlieutenant
Dumont, der schon längst die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte,
sollte dort eine Batterie von 15 schweren Geschützen aufführen,
während auf den Terrassen der Pnyx, des alten Kampfspiel- und
Versammlungsplatzes, acht Kampfgeschütze und im Nordwesten der
Burg am Fuße des Areopags eine Batterie von vier schweren
Mörsern angelegt wurde. Am 22. September wurde der Batterie—
bau begonnen, am 25. September wurden die Batterien armirt,
am 26. September konnte das Feuer gegen die Propyläen von
den genannten drei Seiten aus eröffnet werden.
Man haͤtte die Burg von allen Seiten eingeschlossen und nach
Theben die Engpässe besetzt. Die Beschießung begann und auch
mit furchtbarem Erfolge. Schon am ersten Tage zerstörte eine
Explosion eines der schönsten altgriechischen Bauwerke, den Tempel
der Nike, und ihm folgte noch eine große Reihe herrlicher Bauten,
namentlich auch in der Stadt selbst, welche fast mehr zu leiden hatte
als die Burg. In den Mauern dieser letzteren oder gar in den
Felsen gelang es andererseits an keiner Stelle, irgendwie Bresche
zu schießen, obgleich die Geschützaufstellung mehrfach verbessert wurde.
Bei diesen Mißerfolgen entschloß sich Morosini, obwohl die
Operationen sehr viel besser auf das so nahe Hauptziel, die türkische
Armee bei Theben, gerichtet worden wäre, zu dem noch langwierigeren
und ebenso wenig aussichtsvollen Sappenangriffe. Bis an den Fuß
der Burghöhe kam man schnell, weiter aber nur mit Hülfe der
Mineurs. Das harte Gestein widerstand aber auch dann noch viel—
fach oder erforderte die unendlichste Mühe. Nur schrittweise rückte
diese Arbeit vor und wäre vielleicht auch nicht an das erwünschte
Ende gekommen, wenn nicht ein Zufallstreffer bei dem gleichzeitig
weiter unterhaltenen Bombenfeuer das kostbare Parthenon, den Tempel
der Kriegsgöttin, unter dessen starkem Marmordach die Türken
lange Zuflucht auch für ihre Munition gesucht und gefunden hatten,
getroffen hätte. Mit donnerndem Schlage flogen die Pulvervorräthe
auf und warfen die wunderbaren Marmormassen in tausend und
abertausend Trümmern auseinander. Zwar gab die Besatzung noch
immer nicht ganz den Widerstand auf, und es gelang ihr sogar,
durch Feuerzeichen die Hülfe des Seraskiers herbeizurufen, der schon