548
Nachdem der Kaiser die Front abgeschritten hatte, fand Vorbeimarsch
am Kurhause statt. Seine Majestät drückte dem Bataillon seine
Zufriedenheit mit Haltung und Marsch aus.
Diese Paraden vor Seiner Majestät, zu welchen meistens auch
die Unteroffizierschule Biebrich herangezogen wurde, zogen stets
eine große Zuschauermenge herbei, unter der mancher Träger eines
zroßen militärischen Namens sich befand. Selbstverständlich waren
zu diesen Ehrentagen des Regiments auch alle dienstlich abkömm—
lichen Offiziere des Hanauer und Homburger Bataillons anwesend.
In späteren Jahren schloß sich an diese Parade stets noch ein
Exerzitium im Bataillon auf dem nur 120 meäbreiten und 40 mu
tiefen Platze zwischen Kurhaus und Schmuckanlagen an. Seine
Majestät pflegte dann auf dem schmalen Steige mit dem Rücken an
den Schmuckanlagen zu stehen und ließ sich das Exerzitium auf der
Stelle, sowie Märsche mit Wendungen und mit abgeschwenkten
Sektionen aus der Kolonne nach der Mitte vorführen. Den Schluß
bildete ein regelrechtes Deployiren und kurzes Avanciren mit klingendem
Spiel, derart, daß die Linie nur wenige Schritte vor Seiner Majestät
zum Halten gebracht wurde. Diese Exerzitien mußten sehr sorg—
rältig und auf genau abgezirkeltem Platze vorgeübt sein, denn ein
aur um einen Schritt verspätetes Kommando hätte zum Mißglücken
des Ganzen geführt. Natürlich traten unsere Mannschaften bei dieser
Gelegenheit so fest auf, daß der Boden erdröhnte, und der Kaiser hatte
ichtlich seine Freude an ihrer Strammheit.
Am Abend des 30. Juli reiste der Kaiser nach Homburg, wo
er bis zum 2. August blieb. Auch in diesem Jahre zeichnete er dort
das Bataillon durch Besichtigung auf dem Kasernenhofe und Ein—
nahme des Frühstücks im Offizierkasino aus.
Folgende kleine Episode trug sich damals zu: In dem reizenden
kleinen Kurtheater fand täglich italienische Oper statt, zu welcher die
durdirektion den Kapellmeister Orsini aus London, sowie die Patti
aus Trebelli engagirt hatte. Trotz des hohen Preises von 20 Mark
war ein Logenplatz oft nur durch besondere Verbindungen zu erhalten.
So erfuhr Seine Majestät eines Mittags von zwei ihm aus Peters—
hurg bekannten Fürstinnen, daß sie kein Billet zur Oper bekommen
könnten. Oberstlieutenant v. Below räumte auf bezügliche Mit—
theilung des Grafen Lehndorff hin sofort zwei Plätze in seiner Loge
ein, während er selbst sich in eine andere Loge setzte. Im Zwischenakt
hegab sich Seine Majestät selbst aus der Loge der Fürstin Liegnitz