Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Nachdem der Kaiser die Front abgeschritten hatte, fand Vorbeimarsch 
am Kurhause statt. Seine Majestät drückte dem Bataillon seine 
Zufriedenheit mit Haltung und Marsch aus. 
Diese Paraden vor Seiner Majestät, zu welchen meistens auch 
die Unteroffizierschule Biebrich herangezogen wurde, zogen stets 
eine große Zuschauermenge herbei, unter der mancher Träger eines 
zroßen militärischen Namens sich befand. Selbstverständlich waren 
zu diesen Ehrentagen des Regiments auch alle dienstlich abkömm— 
lichen Offiziere des Hanauer und Homburger Bataillons anwesend. 
In späteren Jahren schloß sich an diese Parade stets noch ein 
Exerzitium im Bataillon auf dem nur 120 meäbreiten und 40 mu 
tiefen Platze zwischen Kurhaus und Schmuckanlagen an. Seine 
Majestät pflegte dann auf dem schmalen Steige mit dem Rücken an 
den Schmuckanlagen zu stehen und ließ sich das Exerzitium auf der 
Stelle, sowie Märsche mit Wendungen und mit abgeschwenkten 
Sektionen aus der Kolonne nach der Mitte vorführen. Den Schluß 
bildete ein regelrechtes Deployiren und kurzes Avanciren mit klingendem 
Spiel, derart, daß die Linie nur wenige Schritte vor Seiner Majestät 
zum Halten gebracht wurde. Diese Exerzitien mußten sehr sorg— 
rältig und auf genau abgezirkeltem Platze vorgeübt sein, denn ein 
aur um einen Schritt verspätetes Kommando hätte zum Mißglücken 
des Ganzen geführt. Natürlich traten unsere Mannschaften bei dieser 
Gelegenheit so fest auf, daß der Boden erdröhnte, und der Kaiser hatte 
ichtlich seine Freude an ihrer Strammheit. 
Am Abend des 30. Juli reiste der Kaiser nach Homburg, wo 
er bis zum 2. August blieb. Auch in diesem Jahre zeichnete er dort 
das Bataillon durch Besichtigung auf dem Kasernenhofe und Ein— 
nahme des Frühstücks im Offizierkasino aus. 
Folgende kleine Episode trug sich damals zu: In dem reizenden 
kleinen Kurtheater fand täglich italienische Oper statt, zu welcher die 
durdirektion den Kapellmeister Orsini aus London, sowie die Patti 
aus Trebelli engagirt hatte. Trotz des hohen Preises von 20 Mark 
war ein Logenplatz oft nur durch besondere Verbindungen zu erhalten. 
So erfuhr Seine Majestät eines Mittags von zwei ihm aus Peters— 
hurg bekannten Fürstinnen, daß sie kein Billet zur Oper bekommen 
könnten. Oberstlieutenant v. Below räumte auf bezügliche Mit— 
theilung des Grafen Lehndorff hin sofort zwei Plätze in seiner Loge 
ein, während er selbst sich in eine andere Loge setzte. Im Zwischenakt 
hegab sich Seine Majestät selbst aus der Loge der Fürstin Liegnitz
	        
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