Full text: Geschichte des Füsilier-Regiments von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80 und seines Stamm-Regiments des Kurhessischen Leibgarde-Regiments von 1632 bis 1900

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Von Hanau führte der Kreislauf nach Homburg v. d. H. zum 
III. Bataillon. „Homburg ist ein Dorf mit einem Kurhaus daran,“ 
so urtheilte ein im Winter dorthin versetzter Offizier, und er 
hatte nicht ganz Unrecht, wenn man die Zeit nach der Schließung 
der Spielbanken in Betracht zieht. Im Winter schläft das kleine, 
kaum 9000 Einwohner zählende Ackerbaustädtchen seinen Dornröschen— 
schlaf. Trotzdem hatte das Offizierkorps auch nach dem Jahre 
1873 einen sehr regen und angenehmen geselligen Verkehr mit den 
dort ansässig gewordenen inaktiven Offizieren, mit Juristen, höheren 
Beamten, Aerzten und Fabrikbesitzern. Das Haus des Kurdirektors 
bildete hierbei jahrelang den Mittelpunkt der Gesellschaft, und das 
schöne Lied: „Wer in Homburg will bestehen, muß gleich zum Kur— 
direktor gehen“ ist eine Erinnerung an diese Zeit. 
Wie in der früheren Garnison des III. Bataillons, Weilburg, 
so war es auch in Homburg wieder der Kommandeur desselben, 
Oberstlieutenant v. Below, der das bis in die Gegenwart bestehende 
außerordentlich herzliche Verhältniß der Garnison zu der Einwohner— 
schaft, den reizenden Familienverkehr des Offizierkorps anbahnte. 
So sehr genoß er sogar das Vertrauen der Bürgerschaft, daß sie 
in Privat- und Stadtangelegenheiten oftmals seinen Rath einholten, 
und daß im öffentlichen Leben kaum etwas Wesentliches gethan oder 
unterlassen wurde, wozu er sich nicht geäußert hatte. Dies trug ihm 
den Beinamen des „Königs von Homburg“ ein, und zahllos sind 
die Anekdoten, die von ihm erzählt werden. Nur eine sei hier er— 
wähnt: Ein im Krieg und Frieden gleich verdienter Sergeant war 
wegen ungebührlichen Benehmens gegen den Landrath verklagt worden, 
sehr bald nach dem Feldzuge. Die Ermittelungen ergaben, daß der 
Sergeant auf der Landstraße hinzugekommen war, als der Landrath 
seinen Kutscher, der ihn mit dem Wagen umgeworfen hatte, durch— 
prügelte. Der Sergeant hatte dem Herrn darüber Vorstellungen 
gemacht und, als der Landrath gerufen hatte: „Wissen Sie nicht, 
wer ich bin: ich bin der Landrath X.!“ seinerseits erwidert: „Und 
ich bin der Herr Sergeant R.!“ Oberstlieutenant v. Below entließ 
den Sergeanten nach diesen Feststellungen mit den Worten: „Wenn 
sich einmal wieder zwei Menschen auf der Straße prügeln, dann 
mischen Sie sich gefälligst nicht hinein, denn es könnte ein Landrath 
dabei sein.“ 
Daß ein derartiger Charakter für das Offizierkorps in Homburg 
auf Jahrzehnte hinaus bestimmend wirken mußte, war kein Wunder.
	        
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